Taufe des Herrn 2010

Predigt Taufe des Herrn 2010

 

Was hätten wir da wohl gemacht? Hätten wir das zugelassen? Stellen sie sich die Situation am Jordan doch mal vor, so richtig bildlich meine ich. Da kommt Jesus zum Jordan. Johannes kennt ihn, gut sogar. Er weiß, dass dieser Jesus was ganz besonderes ist. Und so wie Matthäus das im Evangelium schreibt, ist Johannes auch davon überzeugt: Dieser Jesus, das ist er, das ist der Messias.

Und dieser Messias, dieser Retter, dieser König, auf den das Volk Israel seit Jahrhunderten gewartet hat, kommt, kommt zum Jordan und stellt sich in einer lange Reihe hinten an. Und die Reihe die da steht, das sind alles Sünder, darum wollen sie sich taufen lassen.

Es geht gar nicht darum, dass Johannes sich nicht würdig fühlt diesen Jesus zu taufen, nein, einen Messias, der sich bei den Sündern einreiht, das widerspricht allem was Johannes gelernt hat.

 

Stellen sie sich doch einfach mal vor: Jesus kommt heutzutage nach Verl. Da wäre der Schnee geräumt, der Müll abgeholt, das Rathaus geputzt, Paule hätte nen neuen Anzug und alle sonst vielleicht noch wichtigen Menschen von Verl wären da zum Empfang. Natürlich hätte der Klerus auch seine Soutanen an, hängt ja bei manchen nicht so weit, selbst die Evangelischen ständen in Eintracht neben den Katholischen und eine Liste von Grussworten wäre mehrere Seiten lang.

 

Und dann ist er da, der Messias, ohne Chauffeur und Polizeibegleitung, aber nicht im Rathaus, nein er sitzt am fast dunkelgrünen Kriegerdenkmal auf der Bank, neben den vollen Mülleimern und neben ihm zwei durchreisende Obdachlose mit einem Sortiment von Flaschen neben den Füßen.

Er könnte natürlich auch vorher einen Besuch in der Verler Strasse 408 machen und dort mit den Prostituierten und Dirnen sprechen, die wir normalerweise außerhalb des Gottesdienstes mit ganz anderen Namen bezeichnen.

Wetten das die ganze Nation, ich meine die ganze Stadt Verl, sich furchtbar aufregen würde!

 

Spätestens danach würde Klerus in Paderborn ihm schon im Vorfeld verbieten, wenn er die Gemeinschaft mit wiederverheiratet Geschiedenen suchen würde oder wenn er zu intensiv mit evangelischen Christen ins Gebet käme oder sogar unerlaubten Gottesdienst feiern würde.

 

Man könnte dem ganzen noch die Krone aufsetzen und annehmen, Jesus würde sich mit Menschen treffen, die aus der Kirche ausgetreten sind. Wir würden diesem Messias, genau wie Johannes damals, schon beibringen wie man sich als Gott zu benehmen und zu verhalten hat. Viele scheinbar tiefgläubige Christen hätten schon gerne eine enge Beziehung zu unserem Gott, ja ganz bestimmt, aber nur als sein Berater.

Abertausend Bücher gibt es über unseren Gott, mit exakten und genauen Vorstellungen über ihn, damit wir genau sagen können, wie Gott die Dinge anzugehen hat, und wie nicht.

 

Johannes hatte das auch geglaubt. Er hatte alles gelernt was die Schriftgelehrten über den Messias zu sagen wußten. Er glaubte auch zu wissen, was der Messias tun würde, auf keinen Fall dürfte der sich zu den Sündern stellen. Das konnte er nicht zulassen.

 

Und dann kam die große Lehrstunde für Johannes durch Jesus – und – Johannes hat es wohl begriffen!

 

Aber haben wir das auch begriffen? Wenn ich mir so manche Verlautbarung der Kirche, manches theologische Buch so anschaue, dann fürchte ich, dass wir immer noch nicht verstanden haben, dass Gott größer ist als unser Herz. Das unser Gott kein Gott von starren Vorschriften und Regeln und ritueller Vorgaben ist und vor allem, dass er ein Gott ist, der die Angst nimmt, der nicht kleinkariert denkt, sondern das Heil aller – aller – Menschen und nicht nur die Rettung von irgendwelchen elitären Gemeinschaften will.

Immer wieder, und immer wieder neu, wird Gott auch heute noch genauso falsch verstanden, obwohl Jesus an zig Stellen versucht hat, allen klar zu machen, dass er damit absolut nichts am Hut hat.

 

Wer das Evangelium ernst nimmt, wer es als Frohe Botschaft erkennt und leben will, der muss

– da bin ich jedenfalls ganz sicher – auch bereit sein, die eigenen Vorstellungen, die Bräuche und Rituale, die Vorschriften, Überlieferungen und Traditionen immer wieder auf das hin überprüfen und abklopfen, was im Laufe der Zeit, der Jahrhunderte hinzu gewachsen, ja gewuchert ist und den Kern, nämlich die Wahrheit des göttlichen Willens verdunkelt oder ins Gegenteil verkehrt.

Vieles mag menschlichen Vorstellungen oder sogar vernünftiger menschlicher Ordnung entsprechen, steht aber gegen Gottes Gebot und den Aussagen unseres Heilandes Jesus Christus.

 

Quer durch das ganze neue Testament hören wir über Jesus, der sich an die Seite der Schwachen, der Sünder, der Fehlerhaften stellt.

Seine Botschaft, ist die Frohe Botschaft vom liebenden, vom versöhnenden und vom barmherzigen Vater.

Seine Verkündigung richtet sich gegen Unterdrückung, gegen Angst und Verzweiflung und gegen starre Regeln, die schmerzen und einengen.

 

Zu jedem Menschen dieser Erde, zu jedem Menschen der seit hunderten von Generationen war und in allen kommenden Generationen noch sein wird, sagt Gott ohne Vorbedingung und ohne Einschränkung:

Du, gerade DU bist meine geliebte Tochter,

Du, gerade DU bist mein geliebter Sohn.

 

Nehmen Sie alle diesen kurzen Satz mit nach Hause, mehr brauchen sie nicht!

 

 

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