6. Sonntag A – Beginn Bergpredigt

 

Predigt 6. Sonntag A – Beginn Bergpredigt

 

Es ist wie ein kleiner Beichtspiegel: Ich höre das Evangelium – und betrachte mich in einem Spiegel. Mich – das heißt auch, einmal nicht auf die anderen zu schauen, über sie zu reden, besser zu sein als sie.

Was sehen wir denn in diesem Spiegel? Zunächst: Drei Gebote, drei Gebote von zehn:
„Du sollst nicht töten“, „Du sollst nicht ehebrechen“ und „Du sollst keinen Meineid schwören“.

 

Aber wir sehen jetzt mehr als Mord, Ehebruch und Meineid – wir sehen den Hass, der sich in Worten ausdrückt – wir sehen die Begierde, die aus den Augen kommt – wir sehen, dass selbst der Eid, das feste Versprechen, wertlos wird. Jesus öffnet uns neu die Augen. Er lässt uns in die Gebote sehen.

In die Gebote sehen, heißt, in Gottes Absichten eingeweiht zu werden. Ihm, Gott ins Herz zu schauen.

Was ich wie einen Beichtspiegel empfinde, wird zu einem Spiegel meines Lebens.
Ich sehe mich. Ich sehe ihn. Er sieht mich.

Obwohl das Evangelium ziemlich eindeutig und bestimmend klingt – „Zu den Alten wurde gesagt, ich aber sage euch“ – liegt das Geheimnis in dem, was dahinter steckt.. Es ist die Ansage von Jesus für eine neuen Zeit.
Jesus hält seine Bergpredigt. Sie gilt als seine Antrittsrede. Jesus umreißt sein Programm, stellt Schwerpunkte vor, lädt zu Veränderungen ein. Er holt die Menschen in ihrer Lebenswelt ab und er er nimmt sie mit. Die sind neugierig, offen, erwartungsvoll.

Wir sehen uns auch um Jesus versammelt. Er will, dass eine neue Herrschaft beginnt.

Und darum geht es denn auch:
dass Worte nicht mehr töten, nicht mehr verletzen, nicht mehr demütigen –
dass Blicke nicht mehr ausziehen, nicht mehr wehrlos machen, nicht die Würde rauben –
dass Worte trösten, aufrichten und Gemeinschaft stiften,
dass Blicke Herzen öffnen und Vertrauen schenken.
Eine neue Herrschaft beginnt.

 

Es ist zwar ein heißes Eisen, gehört aber heute zu unserem Thema – das Beispiel Ehebruch. Wie kaum ein anderes Thema hat es mit Worten und Blicken zu tun – mit verlorenen Worten, mit verletzenden Blicken – und mit der Sehnsucht, ein gutes Wort zu hören und liebevoll angesehen zu werden.

Viele Menschen schauen nicht nur auf gute Erfahrungen zurück, die sie in einer Ehe gemacht haben. Aus einer großen Liebe wurde ein – großes Leid. Was in dem Wort „Bruch“ fast untergeht, ist eine Wunde, ein Schmerz, eine Enttäuschung.
Andere erzählen noch nach 40, 50, 60 Jahren, wie reich sie beschenkt wurden und wie schön es war – mit diesem einen Menschen. Von solchen Verhältnissen – und Träumen – gehen wohl auch die meisten Menschen aus, wenn sie den Schritt in die Ehe wagen. Sie versprechen einander Liebe – „bis das der Tod uns scheidet“.

Wir kennen alle auch Menschen, die sich – nach einer Scheidung – trauten, noch einmal zu heiraten und verbindlich „ja“ zu einander zu sagen. Oft hat der Partner, die Partnerin auch schon eine gescheiterte Ehe hinter sich. Manche bringen Kinder mit. Neue Familien finden sich zusammen. Das moderne Wort Patchwork-Familie trifft eigentlich nicht, was geschieht: dass ganz neue Banden entstehen, neues Vertrauen, neue Zukunft.

Ich habe Jesu Wort noch im Ohr: Unter euch soll es überhaupt keine Scheidung geben! Dieses Wort steht – es steht auch in seiner Verlässlichkeit und Treue. Sein Wort ist auch nicht klein zu reden. Wir können es nicht einmal verbiegen.
Aber wir sind – nur Menschen. Wir sehen uns schuldig werden. Wir sehen auch, dass wir ein „Ja“ manchmal nicht durchhalten können. Wir leiden darunter, aufgegeben zu werden – und einen anderen Menschen aufzugeben. Was oft so leicht und leichtfertig aussieht, entpuppt sich in vielen Fällen als Trauma, als tiefe andauernde psychische Belastung. Oder auch als ein Geschenk – für einen neuen Anfang.

 

Jesu Wort in der Bergpredigt hat eine große Bedeutung und Kraft für alle Christen. Eine hohe Messlatte legt Jesus uns auf, die wir nicht niedriger legen oder verbiegen dürfen. Seine Erwartung an uns fordert uns jeden Tag neu.

Nein, ich bin nicht „größer“ und „besser“ als …
Ich will auch nicht „größer“ oder „besser“ sein als …
Damit ich das sagen kann, suche ich bei Jesus Barmherzigkeit und Kraft.

Dass Worte nicht mehr töten, nicht mehr verletzen, nicht mehr demütigen –
dass Blicke nicht mehr ausziehen, nicht mehr wehrlos machen, nicht die Würde rauben –
dass Worte trösten, aufrichten und Gemeinschaft stiften,
dass Blicke Herzen öffnen und Vertrauen schenken.
Eine neue Herrschaft, Gottes Herrschaft nimmt dann seinen Anfang in uns und mit uns.

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