23.06.09 „Wo men zai tian shang de fu“

Wort zum Sonntag 23.06.2009 Wo men zai tian shang de fu“

„Hast Du schon mal ein Vater Unser ganz andächtig gebetet?“ fragte mich vor einiger Zeit ein wirklich ehrwürdiger fast 90 Jahre alter Priester. „Ich glaube ja, ich weiß nicht ob wirklich, habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht“ war meine überraschte Antwort. „Ich schaffe das einfach nicht“, sagte dieser tiefreligiöse Mann, „und das macht mich ganz traurig!“ In den nächsten Wochen habe ich ganz bewusst darauf geachtet. Ich schaffe das auch nicht! Es gelingt mir nicht, ohne dass irgendwelche fremden Gedanken mich ablenken, ein Vater Unser zu Ende zu beten. Immer sind da irgendwelche Affen im Kopf, die mich stören beim Beten. Überhaupt, gerade beim Beten komme ich auf Gedanken und Ideen, die vielleicht gut sind, aber da scheinbar nicht hingehören. Nur wirklich gelitten, so wie dieser greise Pastor, habe ich bis dahin nie darunter. Aber wie geht andächtig beten eigentlich? Wie muß ich das tun? Was kommt von meinem Gestammel eigentlich bei Gott an? Werden viele meiner Wünsche und Bitten nicht erfüllt, weil ich nicht andächtig bin und Gott mich gar nicht versteht? Mit meinem Freund Franz war ich vor zig Jahren in China(Taiwan) und habe den kürzlich verstorbenen Pater Venne, unseren Onkel Peter besucht. Natürlich waren wir auch in der Messe, oft in Englisch – das ging ja noch, aber manchmal auch in chinesisch. Beten in Chinesisch, das hört sich an wie Babel oder – ja einfach chinesisch an. Der Ritus war fast so, wie wir ihn kennen, deshalb wussten wir immer wo wir während des Messablaufs waren, aber verstanden –nicht ein Wort. Trotzdem hatte ich dort eine helle Minute, eine wahre Erleuchtung. „Lieber Gott“, habe ich gedacht, „wenn Du dieses hier verstehst, wenn Du begreifst, was die Menschen hier beten, dann verstehst Du mein schlechtes Deutsch, mein Gestammel und meine unausgegorenen Bitten und Wünsche und meinen oft nur angedachten Dank schon lange“ Ähnlich ist es mir in Gottesdiensten in arabischer, indischer oder koptischer Sprache auch gegangen. Natürlich ist das nicht intelligent gedacht über Gott, natürlich ist das albern zu glauben, dass Gott kein chinesisch oder arabisch kann. Aber mir hilft das beim Beten. Ich spreche mit meinem Gott so, wie ich denke, mit meinen Worten, so wie es mir einfällt, kein perfektes Deutsch, oft halbe Sätze und manchmal spreche ich auch im Gebet richtiges Durcheinander. Oft aber denke ich sogar, spüre es, Gott lächelt – er lächelt mir zu oder vielleicht auch über mich. Nicht abwertend, er versteht mich und er mag mich. Alle Achtung und höchster Respekt vor so vielen Menschen, auch Pfarrern und Ordensleuten, die hochintelligente Texte, wertvolle historische Psalmen und tiefdurchdachte Gebete vor Gott bringen. Weiter so, wenn ich in Varensell die Nonnen höre, oder die Benediktiner in Meschede, ist das ein Festtag für mich, ich bin begeistert und es tut mir gut. Aber es ist schnell wieder Alltag, und dann rede ich weiter so mit meinem Gott, wie es mir einfällt, vielleicht oft nicht echt andächtig, aber so wie es mir in den Kopf kommt. Und er versteht jedes Wort, da bin ich sicher. Denn er ist immer noch bei mir, er geht meinen Weg schon lange mit mir und manchmal gibt er mir ganz weise Dinge ein, die auch ich verstehe. Halleluja, mein Gott versteht meine Sprache und ich kann ihn verstehen. Und Pfingsten kommt erst noch! Und wenn Sie das auch nicht schaffen mit dem Vater Unser, so ganz andächtig meine ich, reden Sie doch einfach ganz normal mit Gott, so von Freund zu Freund. Die Sprache versteht er. Ihnen und Ihrer Familie, auch denen die glauben, dass sie nicht beten, einen schönen Sonntag. Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

Wo men zai tian shang de fu (natürlich der Anfang vom VATER UNSER in chinesisch)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .