Predigt 3. Fastensonntag 2019 – Hungertuch – MENSCH, WO BIST DU?

Predigt 3. Fastensonntag 2019 – Hungertuch – MENSCH, WO BIST DU?

MENSCH, WO BIST DU? Hören Sie, wie Gott das schreit? Seine Adern sind angeschwollen, der Schweiß steht ihm auf der Stirn:
MENSCH, WO BIST DU?
Damals hat er das gerufen, im Paradies. Adam und Eva hatten sich versteckt, weil sie gegen seine Weisung gehandelt hatten.
Bis heute hatte Gott immer wieder Anlass zu rufen:
MENSCH, WO BIST DU?
Alle verstecken sich! Die Augen sind zu! Niemand fühlt sich verantwortlich!
Weltweit schmelzen die Gletscher ab, die Meere steigen.
Minderheiten werden ausgegrenzt.
An so vielen Stellen trifft man Gleichgültigkeit und Hass.
Die Kinder verhungern weltweit, weil 5 Euro in der Woche fehlen.
17000 Menschen in 3 Jahren auf der Flucht in die Freiheit im Mittelmeer abgesoffen.
Menschliche Körper explodieren im Terror an allen Ecken.
Wie soll das weitergehen?  Wohin geht diese Reise?

MENSCH, WO BIST DU?

Das will uns das „Hungertuch“ – früher sagte man auch „Schmachtlappen“ sagen.
Es hat seinen Ursprung im Tempelvorhang, der als Erinnerung an die Kreuzigung Jesu aufgehängt wurde und den Menschen jede Ablenkung von ihrer „geistlichen Besinnung“ auf Ostern hin ersparen sollte.
Ein Hungertuch ist nie ein fertiges Bild, sondern will uns „Appetit“ machen um zu entdecken.
MENSCH, WO BIST DU?
Wo stehst DU? Und wofür stehst DU auf? Wer bist DU?
Wo zeigst DU Gesicht und Zivilcourage?

In der Mitte des Bildes sehen wir ein unfertiges Haus. Unser christliches Haus, nicht unsere teuer renovierte Kirche, sondern das gemeinsame Haus aller Christen.
Offen an einer Seite, ungeschützt und verwundbar, ein unbeschränkter, offener Zugang für alle Menschen.
Das „Wo bist DU?“ wird zum „Wo seid IHR“ Menschen?
Wo geht unsere Reise hin?
Wie kann unser Glaube, was kann das, was wir von Jesus Christus hören und versuchen zu leben, wie kann unser Leben und Tun eine neue, eine gute Richtung vorgeben für diese Welt?

Das braune und rauhe im Kreis und außen rum ist Sand, ist Dreck aus Gethsemane. Der Ort, an dem Jesus verraten wurde, an dem die Ostergeschichte angefangen hat.
Einsamkeit für Jesus, Verrat und Versagen der Jünger.
Und was macht Jesus?
Diesen Freundinnen und Freunden, uns Freundinnen und Freunden vertraut er sein Werk an. Wir stehen in seinem Testament – als Haupterben!

Und dieser Ring, der das unfertige Haus umgibt ist der Kern unseres Glaubens. Dieser goldene Ring, der die Mitte umkreist ist die Zusage Gottes, dass seine Liebe allen gilt -allen und jedem – und in besonderer Weise den Ausgegrenzten.
Und diese geheimnisvollen Schriftzeichen, fast nicht zu entziffern.
Aber sie beginnen mit dem Kreuz in rot für Jesus Christus und sie enden mit der 8, dem Zeichen der Unendlichkeit. Aber nicht liegend, nein aufrecht gestellt, als Zeichen, dass Gott aufrechte Menschen geschaffen hat, Menschen, die Verantwortung übernehmen – die vor ihm stehen dürfen – wie es in einem Hochgebet heißt um IHM zu dienen-

Und unten rechts auf dem Bild vor blauem Hintergrund – mitten in unserer Welt -, vielleicht eine Frau oder ein Mann oder beides? Mit ausgebreiteten Armen nimmt diese Person Gottes Botschaft auf und wird vom Hörenden zum Handelnden.
Wofür stehe ich ein?                 Welche Werte lebe ich und gebe sie weiter?

Das war die erste Frage Gottes an den Menschen: MENSCH, WO BIST DU?
Und dann kommt schon seine zweite Frage: Kain, wo ist Dein Bruder Abel?
Beide Fragen Gottes schallen nach bis in die heutige Welt.
Wo stehen wir Gott gegenüber und wo stehen wir im miteinander?
Die Gefahr ist so riesig, dass eine Kultur des Wohlergehens und des unendlichen Wachstums in Deutschland, Europa und einigen anderen Ländern unsensibel machen für die Schreie und Tränen der anderen.
Dass wir nicht spüren, dass wir in einer Seifenblase leben, die zwar schön ist, herrlich schillernde Farben hat, uns aber auch jederzeit um die Ohren fliegen kann.

Am Sinai sagte Jesus: „Ich kenne das Leid der Menschen“.
Dank der Medien kennen auch wir das Leid der Menschen und ihre Schreie und Gottes Botschaft muss heute neu gehört werden und vor allem umgesetzt werden – von uns.
Wir als Christen sind aufgefordert zu Hören und dann zu Handeln mit Kopf, Herz und Hand. Und da müssen wir diskutieren was zu tun ist, ggfs. auch streiten – auch im PGR, was die beste Lösung ist für alle und für unser gemeinsames Haus, das nicht auf Sand gebaut sein soll, das nicht vergoldet sein muss, sondern auf festem Felsen Bestand haben soll.

Vergessen wir nicht:
Unser Gott ist an einem besonderen Ort Mensch geworden, nämlich ganz am Rand, bei den Ausgegrenzten, den Unterdrückten, den Gequälten.
Diese Menschen heute, die alten und die jungen, die Kranken und Fremden, die Reichen und die Hungernden zusammenzuführen zu seinem „Welt-Haus“, das ist Gottes Idee.
Und wir – auch in der Sürenheide – sind eingeladen, gebeten – nein aufgefordert an diesem Auftrag Gottes mitzuarbeiten.
Und unser Haus ist dann ein Haus der offenen Türen.
Und wir müssen durch diese Türen gehen und die Grenzen unserer Pfarrgemeinde überschreiten um dorthin zu gehen, wo es schmutzig und staubig ist, wo Not und Angst zuhause sind, wo unsere Liebe gesucht wird.

So kann ein anderes Haus, ein neuer Himmel und eine neue Erde Wirklichkeit werden.

Hören wir hin, wenn Gott ruft: MENSCH, WO BIST DU?

Lassen wir uns von ihm in den Hintern treten!
Kommen wir in die Gänge und rufen:      „Hier bin ich!“                   „Hier sind wir“!

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