24.01.2016 „Wo Gott ist, da ist auch Lachen“ (M. Luther) – Kirchenrenovation –

24.01.2016 „Wo Gott ist, da ist auch Lachen“ (M. Luther) – Kirchenrenovation –

Liebe Mitchristen,

Erst mal ne Frage: Wer von Ihnen hat denn noch so ein altes Telefon mit Wählscheibe, so zum Drehen – in Gebrauch? – ok

Wer von Ihnen trägt denn noch den Anzug oder das Kostüm, das er sich ca. 1970 gekauft hat?

Eine Frage noch: Wer von Ihnen hat denn noch den Wohnzimmerschrank von der Hochzeit?

 

War wahrscheinlich alles noch in Ordnung, aber doch gut, dass es das alles fast nicht mehr gibt.

War es für Sie sicher nicht schwer sich davon zu trennen?

Jeder hat doch gerne was schickes, was zeitgemäßes, was Modernes, was in die Zeit passt.

Ok unsere älter werdenden Frauen behalten wir, weil wir das wollen und weil die uns ja „Gott sei Dank“ auch noch wollen.

 

Aber jetzt mal etwas ernster:

„Frag mal 100 ältere Katholiken in Verl: „Was ist das Wichtigste an der Kirche?“ Und sie werden dir sagen: „Die Messe.“

Frag mal 100 ältere Katholiken in Verl: “ Und was ist das Wichtigste an der Messe?“ Und sie werden dir sagen: „Die Wandlung.“

Und dann sag mal 100 Katholiken bei uns in Verl: „Richtig, das Wichtigste an der Kirche ist, dass sie sich wandelt und zeitgemäß den Glauben verkündet und lebt.“

Und dann werden sie dich böse anschauen und ankündigen, da machen sie nicht mit, dann werden sie eben nicht wieder kommen.“

Nein – was die letzten 60 Jahre gut war – wird ja auch für die nächsten 60 Jahre noch gut sein.

 

Liebe Gemeinde, die meisten von uns sind Eltern oder Großeltern. Die meisten von uns haben Kinder und Enkelkinder. Und – wo sind die heute?

Der größte Teil der jüngeren Elterngeneration fehlt – nicht nur hier. Natürlich auch die Kinder und Jugendlichen.

Die absolute Mehrheit in den Kirchen, auch hier in der Sürenheide, hat graue oder silberne Häupter.

Ist das unsere Schuld, dass die anderen fehlen?

Haben wir was falsch gemacht? Oder die Lehrer und Priester? Oder Diakone und Gemeindereferenten?

Die wenigen Priester feiern fast nur noch Gottesdienste mit Wandlung und beerdigen einige Leute, aber das Gottesdienstfeiern ohne Wandlung können und dürfen – ist doch toll – auch schon andere – und das machen sie toll hier in der Sürenheide – gehen sie ruhig mal Dienstags abends hin.

Ein paar Gemeindemitglieder werden auch noch getauft oder getraut.

Aber es werden noch weniger – nicht nur Gottesdienstbesucher, nicht nur die eingetragenen Christen auch die Priester.

Nehmen sie mir ruhig ab, dass ich immer öfter vor Zorn und Wut und Verzweiflung heule, weil ich keine vernünftige Idee habe, wie ich all das ändern kann.

 

Und dann – wow – wir, wir hier in der Sürenheide, bekommen die Chance, dass sich all das ändern kann. Wir bekommen die Chance, unsere Kirche so zu gestalten, so zu ändern – zunächst räumlich – dass selbst junge Menschen sagen könnten:

Da gehen wir mal hin! Das hört sich gut an! Da mach ich vielleicht mit!

So stell ich mir Kirche und Gottesdienst vor!

Das wär doch was – oder?

 

Wir, nicht alle, aber viele, sind in wenigen Jahren 5 Fuß unter der Erde. Und spätestens dann fragt uns der Chef: Was habt Ihr getan, damit Eure Jugend von mir hört, mit mir spricht, sich von mir angenommen weiß wie sie sind – und meine Frohe Botschaft lebt?

Jeder von uns hier meint es gut!

Jeder von uns will für seine Kinder das Beste, das wollten auch schon unsere Eltern.

Haben auch wir das gewollt was die wollten – oder sind wir unsere eigenen Wege gegangen, nicht immer zur Freude der Eltern?

 

Liebe Gemeinde, seien sie mir nicht böse, aber ich muss das sagen:

Für unsere jungen Menschen sind unsere Gottesdienste altmodische Veranstaltungen mit uralten Geschichten aus eingestaubten Büchern, mit Liedern die ihnen fremd sind.

Da fühlen junge Menschen sich nicht angesprochen, weil sie darin nicht vorkommen!

 

Die Art zu Gott zu beten und ihn zu loben mit diesem unserem Sackgassengesicht, das für alle Gefühlslagen nur einen und immer den gleichen Gesichtsausdruck hat, diese Art kann einfach kein junger Mensch nachempfinden – und ich verstehe das!

Natürlich haben wir das alles in unserer Kindheit so gelernt, aber das ist kein gelebter Glaube für unsere Kinder!

Unsere Jugend will jubeln, sie will lächeln und lachen, sie will tanzen, sie will einen Sound der Ihnen zu Herzen geht, sie möchten sich verstanden fühlen, auch in ihren Krisenzeiten.

In unseren Gottesdiensten merken sie eher selten, dass Gottes Botschaft „Frohe Botschaft“ ist.

 

Wenn wir uns als Kirche und das nicht nur in der Sürenheide nicht selbst abschaffen wollen, dann können wir auf wirkliche Neuerungen, auf einen wirklichen Neuanfang auch hier in der Sürenheide nicht verzichten.

Es gibt Kirchen genug in Verl – sind alle nicht voll.

Dann treiben wir unsere Kinder in die Arme von Sekten und Bauernfängern, die unsere Kinder in ihrer Sehnsucht nach lebendigem Glauben gerne aufnehmen. Und sie haben die Sehnsucht!

 

Darum lasst uns aufhören, immer wieder zu wiederholen, wie schön die alten Bänke sind und dass sie doch teuer bezahlt wurden.

Dieses Haus hier – unsere Kirche – soll die Mitte unseres Glaubens sein.

Hier wollen wir mit Gott in der Mitte Mahl halten, Eucharistie feiern, ihn in der Mitte unseres Gottesdienstes und unseres Lebens willkommen heißen.

In Reihen hintereinander sitzt doch niemand beim Essen zu Hause und auch nicht beim Hochzeitsmahl. Natürlich passen wir hier nicht alle nebeneinander, das weiß ich auch, aber es kann tolle Lösungen geben!

 

Wir – jeder von uns – da bin ich ziemlich sicher, würde für seine Kinder sterben.

Aber unsere Kirche optisch so gestalten, und die Gottesdienste auch inhaltlich so, dass auch sie ihren Glauben feiern und leben können, das fällt uns sooo schwer.

Wir fragen sie ja nicht mal – sind ja auch nicht hier.

Haben wir Angst vor der Antwort?

Wollen wir denen einfach einbläuen, wie sie glauben sollen?

 

Ich würde gerne hier eine volle Kirche sehen, wo ich mittanzen darf, wo ich Lieder singen kann, die nicht 300 Jahre alt sind, sondern die mir aus dem Herzen kommen.

Wo viele gemeinsam mitwirken, sich anlächeln, einander wahrnehmen, wo Gott mit uns feiert, wo es einen Sound gibt der ansteckt, wo jeder sich freut, dass der Andere auch da ist.

Wo die Freude des Herzens uns den Anderen gerne anschauen und umarmen lässt.

 

Wir Christen haben gelernt, dass Kreuzzüge keine gute Wahl zur Missionierung sind.

Wir haben gerne angenommen, dass wir jeden Sonntag kommunizieren dürfen.

Wir sind froh, dass unsere Frauen nach der Geburt nicht mehr ausgesegnet werden.

Es hat uns erleichtert, dass wir vor der Messe nicht nur Wasser trinken, sondern auch frühstücken dürfen.

Vielleicht lernen wir auch noch, dass wir uns im Gottesdienst freuen dürfen, dass wir lachen dürfen, dass wir so mit Gott feiern können, wie Jesus oft mit den Menschen gefeiert hat.

Und – dass wir den Nächsten anschauen dürfen, ja müssen – weil Gott auch uns anschaut, Tag und Nacht – auch wenn es ihm vielleicht manchmal schwer fällt.

 

Der frohe, begeistert gelebte Glaube an ein Leben in dem Gott vorkommt, ist dies denn eine Zumutung? Ich glaube, dass ER, Gott, uns beim Umbau unserer Kirche wohlwollend zuschaut, weil er uns Wandlung zumutet und zutraut.

Darum glaube ich auch, dass ich Ihnen diese Predigt zumuten darf. Amen

One comment on “24.01.2016 „Wo Gott ist, da ist auch Lachen“ (M. Luther) – Kirchenrenovation –

  1. Michael Humpert sagt:

    Hallo Arthur,
    vor zwei Jahren erlebten wir Christian Olding als Kurseelsorger während unseres Sommerurlaubs. Kahl geschoren, markante dunkle Brille, neonfarbene Turnschuhe mit Priestergewand. Vor dem Gottesdienst kam er und verteilte Aufgaben: Kyrie, Tagesgebet, Lesung, Evangelium, Fürbitten, Abschlussgebet wurden von Gemeindemitgliedern gelesen, er machte Einleitung, Predigt, Wandlung und Abschluss-Segen. Ich habe mich damals erstmalig alt in einem Gottesdienst gefühlt, Gott sei Dank alt, dachte ich, denn ich hatte erstmalig das Gefühl, die Jungen finden schon ihren Weg.
    Auf youtube kann man Christian Olding sehen, wenn man „v the experience“ eingibt. Ich hoffe, dass ihr bei eurer Kirchenrenovierung eine Form findet, die vieles möglich macht. Und eigentlich ist die Stuhlordnung eins der kleinsten katholischen Probleme, zumindest kommt es mir so vor.
    LG

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