Frühschicht 01.März 2012 St. Judas Thaddäus 5.45 Uhr
Begrüßung:
Morgengebet GL Nr. 4 Seite 44
Ganz besondere und wichtige Momente bleiben in unserem Leben lange in
den Gedanken abrufbar. Wir erinnern uns gern daran und können hierdurch
oftmals wieder auftanken, wenn wir uns nicht so gut fühlen. Trotzdem ist es
häufig leider so, dass wir schnell umgeben sind von eher negativen
Eindrücken. Denn gerade unangenehme Gedanken bleiben oft gedanklich
lange haften. Zugleich verdrängen sie hin und wieder auch positive
Eindrücke, die als selbstverständlich abgehakt werden. Leider können sich
hierdurch schöne Momente nicht richtig entfalten und somit auch nicht
einprägen. Schade oder?
Geschichte: Als der Tausendfüßler die Welt entdeckte
Eine kleine Schnecke kroch langsam mit ihrem schweren Haus auf einem
engen Pfad dahin. Es war ein wunderschöner Tag, die Sonne schien, und die
kleine Schnecke sang vergnügt vor sich hin. Es wäre ihr schon möglich
gewesen, schneller zu kriechen, aber sie ließ sich Zeit und blieb sogar dann
und wann stehen, um sich an den wärmenden Strahlen der Sonne zu freuen.
Plötzlich ließ das Donnern unzähliger Füße den Boden unter ihr erzittern. Die
Schnecke sah sich um, und da schoss mit atemberaubender Geschwindigkeit
ein Tausendfüßler um die Kurve. Er hätte die kleine Schnecke glatt
überrannt, hätte diese nicht im letzten Moment einen spitzen Schrei
ausgestoßen. Der rasende Tausendfüßler bremste haarscharf hinter ihr ab,
und zwar so abrupt, dass sich seine zahllosen Beinchen hoffnungslos
ineinander verhedderten.
»Du blöde Schnecke!« begann der Tausendfüßler lauthals zu schimpfen und
zu zetern. »Warum musst du gerade mir im Weg herumstehen! Du siehst
doch, dass ich es eilig habe!« Er stieß noch tausend andere Flüche und
Verwünschungen aus, während er gehetzt seine verhedderten Beinchen
entwirrte.
Die arme Schnecke sah ihm verängstigt zu, denn das hatte sie wirklich nicht
gewollt. Betreten hörte sie sich seine Beschimpfungen an, bis er schließlich
das Chaos unter seinen Beinchen beseitigt hatte und danach eiligst
aufsprang und rief: »So, jetzt lass mich endlich vorbei! Du hast mich schon
genug aufgehalten. Ich habe es eilig!« Doch die Schnecke antwortete: »Ich
würde dir wirklich gern Platz machen, damit du weiterlaufen kannst. Aber sieh
dich doch um: Dieser Pfad ist so schmal, dass ich mich nicht mal umdrehen,
geschweige denn dich vorbeilassen kann! Du wirst wohl oder übel hinter mir
gehen müssen.«
Da sah sich der Tausendfüßler zum ersten Mal um, wo er überhaupt war,
denn in seiner Eile hatte ihn die Umgebung nicht im Geringsten interessiert.
Und er sah, dass die Schnecke recht hatte: Links und rechts von ihm türmten
sich Wolkenkratzer aus Gras, und der Pfad war gesäumt von kleinen,
unüberwindbaren Steinen, an denen sich jeder Tausendfüßler die Beine
gebrochen hätte. Als er erkannte, dass er nun den ganzen Weg hinter dieser
lahmen Schnecke herlaufen musste, raufte er sich verzweifelt die Haare und
zeterte: »Aber ich habe keine Zeit! Ich muss weiter! Keine Zeit! Keine Zeit!«
Die Schnecke ließ sich nicht beirren und setzte ihren Weg fort, langsam und
im Schneckentempo. Der Tausendfüßler trippelte nervös hinter ihr her und
fragte ein dutzendmal, ob sie nicht schneller kriechen könnte.
Irgendwann, nach endlos langer Zeit, beruhigte sich der Tausendfüßler, weil
er einsah, dass ihm die ganze Hetzerei nichts nützte, und stapfte stumm
hinter der Schnecke her.
Und plötzlich nahm er zum ersten Mal in seinem gehetzten Leben seine
Umgebung richtig wahr. Er sah zum Himmel hinauf und rieb sich ungläubig
die Augen. War der Himmel wirklich so blau? Ein solch strahlendes und
wunderschönes Blau hatte er noch nie gesehen. Und die Sonne! Wie
wohltuend ihre Strahlen doch wärmten. Und die Blumen! Welch betörender
Duft! Den geschäftigen Tausendfüßler überkam ein so unglaubliches
Glücksgefühl, dass er am liebsten lauthals gesungen hätte, obwohl er noch
nie in seinem Leben Lust am Singen verspürt hatte. Während des weiteren
Weges entdeckte er tausend neue Wunder, die sich ihm offenbarten. Und so
merkte der Tausendfüßler nicht, dass die Schnecke plötzlich stehenblieb. Er
prallte gegen sie und fragte dann erstaunt: »Was ist los?« »Siehst du denn
nicht?« erwiderte die Schnecke. »Nun ist der Weg breit genug. Du kannst
weiterlaufen.«
Doch anstatt wieder wie der Blitz loszuzischen, trippelte der Tausendfüßler
bedächtig an der Schnecke vorbei, während er lächelnd eine
Marienkäferfamilie beim Spaziergang beobachtete.
Und die Schnecke sagte: »Es tut mir leid, dass ich dich aufgehalten habe!«
Doch der Tausendfüßler antwortete: »Nein, ich danke dir dafür! Und komm
mich doch mal besuchen, wenn du Zeit hast.«
Und während er langsam seinen Weg fortsetzte, sang er lauthals vor sich hin.
- Geht es uns nicht manchmal auch so, wie dem rasenden Tausendfüssler?
- Wir hetzen durch den Tag, erledigen eine Aufgabe nach der anderen, und nehmen unsere Umwelt in der Zeit kaum wahr.
- Wo oder was ist unsere Schnecke, die uns stoppt?
- Wann und wobei können wir Aufatmen und Auftanken?
Schaffen wir uns im Alltag immer wieder Oasen der Ruhe und genießen auch
die schönen Augenblicke. Nehmen wir doch nicht alles als selbstverständlich
hin – wir werden staunen wie viele schöne Momente es noch gibt für die es
sich lohnt sie im Herzen zu bewahren. Das gibt uns Kraft für unseren
weiteren Weg im Leben. Denken wir darüber einmal nach.
Gebet:
Herr, öffne unsere Herzen, um bewusst zu leben
und Selbstverständlichkeiten wieder als kostbare Gegebenheiten
wahrzunehmen.
Schenke uns die Gelassenheit, nicht übereilt zu handeln, sondern sich
bewusst Zeit zu nehmen für sich selbst, die Familie und Freunde.
Herr Du bist bei uns jeden Tag, schenke uns die Ruhe und die Kraft, um
wirklich zu erkennen was um uns geschieht.
Herr, wir möchten dankbar sein für unser Leben, hilf uns sorgsam damit
umzugehen.
Amen
Gemeinsames Vater Unser
Der Herr segne Euch,
er lasse Euer Leben gedeihen,
er lasse Eure Hoffnung erblühen,
er lasse Eure Früchte reifen.
Der Herr behüte Euch,
er umarme Euch in Eurer Angst,
er stelle sich vor Euch in Eurer Not.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Euch,
wie ein zärtlicher Blick erwärmt,
so überwinde er bei Euch, was erstarrt ist.
Er sei Euch gnädig,
wenn Euch Schuld drückt, dann lasse er Euch aufatmen
und mache Euch frei.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf Euch,
er sehe Euer Leid, er tröste und heile Euch.
Er schenke Euch das Wohl des Leibes und das Heil Eurer Seele durch Jesus Christus!
Er gebe Euch Frieden.
Das gewähre Euch und mir der treue und liebende Gott:
der Vater mit dem Sohn im Heiligen Geist.
Amen
Lied: Ins Wasser fällt ein Stein GL 961