01.2006 Evangelium: Mk 1,21-28

Predigt Evangelium: Mk 1,21-28

Liebe Christen!

Auf einem antiken Friedhof hat man entdeckt, daß von 120 gefundenen Schädeln 10 trepaniert waren, d.h., sie wiesen ein kleines, kreisförmiges, eurogroßes Loch auf.

Durch Untersuchungen hat man festgestellt, daß diese Öffnungen nicht erst nach dem Tod, sondern schon zu Lebzeiten vorgenommen wurden. Warum machte man so etwas, wo solche Operationen doch ausgesprochen lebensgefährlich sind?

Für medizinische Zwecke wäre das Loch oft zu klein gewesen. Daher nimmt man an, daß man damit Dämonen eine Möglichkeit geben wollte, den Körper eines Besessenen zu verlassen!

Diese Entdeckung ist nur ein Beispiel für viele Zeugnisse, daß in der Antike – und auch noch im Mittelalter – der Dämonenglaube ungeheuer verbreitet war. Ausnahmslos alle Völker der damaligen Zeit, auch die Juden, waren von Angst und Furcht erfüllt. Man glaubte, die ganze Welt und die Atmosphäre seien von Teufeln und Dämonen erfüllt, sie säßen mit auf dem Thron und umlagerten die Wiege. In jeder Lebensphase sah man die Dämonen am Werk. Sie versuchen, den Menschen zu schaden, wann immer sie können, und benutzen dazu auch Menschen, denen sie den bösen Blick verleihen.

Besonders gefährlich sah man die Dämonen für Nachtwanderer, für einsam Reisende, für schwangere Frauen und Kinder an, aktiv besonders zur Zeit der Mittagshitze und an Orten, wo kein reinigendes Wasser zu finden war, wie an Abtritten, Friedhöfen oder in der Wüste.

Man glaubte, daß die Dämonen schon so alt wie die Schöpfung selbst seien. Nach einer altjüdischen Erzählung hätten sich zwei Engel, Assaël und Shemachsai, wegen der Schönheit der Menschentöchter von Gott abgewandt; der eine sei zwar zu Gott zurückgekehrt, der andere aber hätte mit ihnen Kinder gezeugt, die jetzt als Dämonen die Welt bevölkerten.

Es ist verständlich, daß bei solchen Vorstellungen und Ängsten Geisterbeschwörer und Teufelsaustreiber Hochkonjunktur hatten. Mit Formeln und Zaubersprüchen versuchten sie, Besessene von den bösen Mächten zu befreien, mit mehr oder weniger Erfolg.

Es ist vielleicht interessant zu wissen, daß unsere Vorstellung vom Teufel als Gehörntem und Bocksfüßigem aus der griechischen Sagenwelt stammt, denn der griechische Gott Pan, der zur Mittagszeit die Wanderer mit „pan“ischem Schrecken erfüllt, wurde mit Hörnern und Bocksfuß dargestellt.

Unsere älteren Kirchenbesucher werden sich auch noch erinnern, was schwangere Frauen früher zu meiden hatten, damit die Kinder nicht ungestaltet zur Welt kamen.

Auch Jesus lebt in einer Welt, die von Angst und Schrecken gepeinigt ist, und die durch diese Angst geknechtet und unfrei ist.

Es ist völlig egal, ob man dazu – wie in der Antike – „von Dämonen besessen“ sagt oder – wie heute – „zwangsneurotisch“ oder „süchtig“. Eines ist sicher: das Böse, das Einengende und Zwanghafte ist eine Realität, wie immer man es begründen mag. Schon Paulus schreibt in seinem Brief an die Römer: „Ich stoße auf das Gesetz, daß in mir das Böse vorhanden ist, obwohl ich das Gute tun will. Denn in meinem Innern freue ich mich am Gesetz Gottes, ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das mit dem Gesetz meiner Vernunft im Streit liegt und mich gefangenhält im Gesetz der Sünde, von dem meine Glieder beherrscht werden.“ (Röm 7,21-23)

Auch heute gibt es genug Menschen, die sich selbst entfremdet, „ganz auseinander“ sind und nicht selten in der Psychiatrie landen.. Und es fühlen sich Leute mehr denn je wie „fremdbestimmt“, „ferngesteuert“, die Zeitungen sind voll davon.

Der erste Schritt zu einer Heilung wäre die Bewußtwerdung – und das kann nur in der Begegnung mit einem freien, heilen Menschen, eben mit einem „Heiligen Gottes“, geschehen. Dieses kann auch ein Arzt oder Therapeut sein. Der Kranke erkennt erst in diesem Kontrast die fremden Kräfte, die ihn gefangen halten; aber sich selbst befreien kann er nicht. Erst durch das rechte „Machtwort“, in Vollmacht gesprochen, erst die Kenntnis der Zusammenhänge durch einen Fachmann/frau , ist Heilung möglich.

Ich sagte: das rechte Machtwort – denn es gibt Machtworte, die nur neuen Zwang und neue „Besessenheit“ erzeugen. Wenn nämlich Machtmenschen Machtworte sprechen, dann ist es meist die Macht der Gewalt, die wieder nur Unterdrückung, Angst und Schrecken bringt.

Wenn aber im Machtwort die Macht der Liebe wirkt, das Wohlwollen, das Gutwollen für den Menschen da ist, die Vollmacht Gottes also, dann ist Heilung möglich: denn Liebe eint, heilt, läßt „gut beisammen“ sein.

Jesus hat diese Vollmacht Gottes zur Wirkung gebracht, und die Leute spürten sehr genau, daß es sich dabei um etwas ganz anderes handelt, als die angemaßte Vollmacht der Schriftgelehrten.

Diese Vollmacht bekommt man nicht durch ein Theologiestudium – auch Jesus hatte keinen Studienabschluß – man bekommt sie nicht einmal automatisch durch die Weihe – auch Jesus hatte keine Priesterweihe. Diese echte, göttliche Vollmacht bekommt man nur durch vertrauensvolle Öffnung Gott gegenüber – in und außerhalb der Kirche, diese Vollmacht bekommt man durch eine positive, helfen wollende Einstellung dem Menschen gegenüber.

Aufbauen und nicht zerstören, erhalten und nicht töten, lieben und nicht verdammen.

Kriterium dafür sind einzig und allein die „Früchte“: wer mit Gott droht und Angst macht, anstatt aus aller Angst zu befreien, kann nicht mit „Vollmacht“ sprechen; und umgekehrt: wo die Macht der Liebe heilend und befreiend zur Auswirkung kommt, da steckt unter Garantie auch Gott dahinter.

Die Kirche versucht solche göttlichen Bevollmächtigungen zu lehren und zu bestätigen und für verbindlich zu erklären; hab schon meine Probleme damit, denn in den meisten Fällen wirken solche Vollmachten ganz unbemerkt und „inoffiziell“:

  • wo jemand zum Halt und zur Stütze nach einem Trauerfall wird;
  • wo jemand teilnahmsvoll zuhört, wenn ein anderer über sein Leid klagt;
  • wo jemand unbeirrt treu und liebevoll bleibt, auch wenn der Partner egoistisch nur um sich kreist;
  • wo jemand die stets verzeihende Liebe Gottes zusichert, wenn der andere von Schuldgefühlen zerfressen wird;
  • wo jemand einem Gestrauchelten selbstlos einen Neubeginn ermöglicht.
  • Wo die Tür für die Kinder NIE zugeschlagen wird

Das alles sind „Dämonenheilungen in der Vollmacht Gottes“, die auch heute noch jedem seiner Kinder gegeben ist.

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