13.08.08 – Gott, wir haben Angst-

Friedensgebet St. Marien Kaunitz 13.08.08

 

Begrüßung

 

Gott, wir haben Angst um diese Welt.
Angst vor der Zukunft, die uns unheilvoll erscheint.
Angst vor den vielen Bedrohungen des Lebens.
Angst, weil es keine Sicherheit zu geben scheint.
Wir haben Angst davor,
gelähmt zu sein vor lauter Angst.
Herr, erbarme dich.
Gott, wir haben Angst um uns selbst.
Dass wir nicht schaffen, was wir uns vorgenommen haben. Dass wir keine Zeit finden für die kleinen, lebenswichtigen Dinge. Dass uns die Zeit zwischen den Fingern zerrinnt
und wir sie nicht gefüllt haben. Wir haben Angst davor, der Angst keinen Raum gegeben zu haben.
Herr, erbarme dich.
Gott, wir spüren unsere Angst, und wir merken, wie sie uns verändert.
Wir finden keine Ruhe, weil uns die Sorgen den Schlaf rauben. Wir verlieren unsere Lebensfreude, weil wir meinen, in wilden Wogen zu versinken. Wir sehnen uns nach Zukunft und Hoffnung und beklagen unseren Kleinmut, das Not-Wendende zu tun.
Herr, erbarme dich.

Gott, du bist in die Stürme des Lebens gekommen, um uns darin ganz nahe zu sein. Dafür danken wir dir, dafür loben wir dich. So nimm unsere Gedanken des heutigen Tages in dir auf: wir denken an eigene Kriegserfahrungen, wir denken aber auch an heutige Kriege, an Auseinandersetzungen in aller Welt. Wir denken an die Opfer von Gewalt und Vertreibung in unseren Tagen und suchen bei dir Hilfe, Hilfe für anderes Leben, in dem der Friede aufleuchtet, wie du ihn für uns willst. Gib du uns dazu deinen ermutigenden Geist. Das bitten wir ….

 

Lied: Herr deine Liebe, ………. 1+4

Matthäus 8,23-27

Jesus stieg in das Boot, und seine Schülerinnen und Schüler folgten ihm. Und da: Ein großes Beben erschütterte den See, sodass die Wellen in das Boot schlugen. Doch Jesus schlief. Sie kamen, weckten ihn und
riefen: „Jesus, rette doch! Wir gehen unter!“ Und Jesus sagte zu ihnen: „Wie ängstlich seid ihr und habt wenig Vertrauen.“ Da stand Jesus auf und redete tadelnd auf die Winde ein und den See. Und es entstand eine große
Stille auf dem Wasser. Die Leute staunten sehr und sagten: „Was ist das für einer, dass ihm auch die Winde und das Meer gehorchen?“

 

 

Man mit einem solchem Mann möchte man gerne in einem Boot sitzen. Der hat die Ruhe weg. Mitten in einem ungeheuren Sturm schläft er, lässt sich nicht beunruhigen. Er spürt nicht einmal, was da um ihn herum vorgeht.
Die Angst der Jünger können wir gut nachvollziehen. Der Wind schlägt einem heftig ins Gesicht, das Wasser droht das Boot zu überschwemmen, das Ertrinken ist nahe. Titanic steht vor Augen oder – lange schon vergessen – der Untergang der Estonia. Oder es stehen Schiffe vor Augen, Flüchtlingsschiffe, vollbeladen. Menschen, die einen Weg in die Freiheit suchen und den Tod finden.
Auf dem Schiff herrscht Angst, Todesangst. Panik bricht unter der Besatzung aus, die Menschen schreien, niemand weiß so recht, wie es weitergehen wird.
Und dann taucht Jesus auf, stellt diese Frage: Warum seid ihr so furchtsam? und stellt sich den Winden entgegen.
Was passiert da auf dem See? Ist das ein Wunder? Natürlich ist das ein Wunder, wenn jemand inmitten von Angst und Gefahr einer ganz ruhig bleibt, so ruhig, das sich, wie Matthäus es dann bildhaft in Wort fasst, selbst die Naturgewalten beugen. Der Sturm beruhigt sich.
Wir müssen das nicht naturwissenschaftlich erklären können. Denn Matthäus geht es nicht darum, Stürme zu stillen, sondern er stellt uns vor entscheidende Lebensfragen: Haben wir inmitten der Stürme des Lebens die Glaubensgewissheit, uns Gott anzuvertrauen? Jesus selbst hat das immer wieder getan in den vielen Stationen seines Lebens. Er hat eine vertrauensvolle Gottesbeziehung aufgebaut, die ihn getragen hat bis in das Sterben und durch den Tod hindurch. Wie sieht es mit uns aus, mit unserem Vertrauen, wenn die Stürme kommen?
Ich denke, wir sind den angsterfüllten Jüngern viel näher. Angst begleitet uns an vielen Stellen. Wenn das Leben nicht mehr in den normalen Bahnen verläuft, dann werden wir schnell unruhig, ja hektisch, suchen nach schnellen Lösungen, bis wir dann beim nächsten Sturm wieder in entsprechenden Aktivismus verfallen.
Wir hören diese Geschichte ja heute in unserem Denken und beten für den Frieden. Wir feiern diesen kurzen Gottesdienst für den Frieden. Ängste vergangener und heutiger Zeiten kommen wieder hoch.
Mir stehen da die Menschen vor Augen, – ich kenne es nur aus dem Fernsehen – die angsterfüllt in den Kellern, Bunkern oder leichten Verstecken sitzen, und nicht wissen, was in den nächsten Stunden sein wird. Ich denke an die Menschen, die dem Mündungsfeuer des gegnerischen Soldaten gegenüber gestanden haben und dem Tod ins Auge geblickt haben. Ich denke an die Vertriebenen, die von welcher Seite auch immer, mit Gewalt zum Auszug aus ihren Lebensräumen gezwungen wurden, an die Frauen, die vergewaltigt wurden, an die Männer, die misshandelt wurden, an die Kinder, die die Grausamkeiten dieser Zeit bis heute nicht vergessen haben. Ich denke an die, die bis heute nicht damit fertig geworden sind, dass sie für den Tod von Menschen verantwortlich sind.
Oder ich denke an die Menschen, die in friedlichen Zeiten voller Angst sind, weil sie von anderen nicht gewollt sind: an die fremdländischen Menschen in unserem Land, die sich in den nächsten Hauseingang flüchten, weil Skinheads wieder einmal auf Tour sind, um Ausländer „abzuklatschen“, wie sie ihre brutalen Taten nennen. Ich denke an diejenigen, die hier kein Asyl finden und voller Angst zurück in ihre Heimat müssen, wo sie Gewalt oder Tod erwartet.
Ich denke aber auch an die Angst der Kinder, die von Eltern oder Angehörigen missbraucht und geschlagen werden. An die Angst der Eltern, wenn es wieder einmal heißt, jemand hat ein Kind umgebracht.
Und ich denke an die Angst nach dem 11. September, die unser Verhältnis zu Gewalt wieder verändert hat und die auch die Beziehung zu arabischen Menschen anders werden lässt.
Stürme des Lebens liegen darin, Stürme, die Angst machen, die hilflos machen, hilflos wie die Jünger im Boot.
Ich denke aber auch an die Angst, die geschürt wird, um sie zu benutzen. Wie war das früher: die Angst vor der jüdischen Gefahr führte zum Millionenfachen Mord an dieser Volksgruppe. Die bolschewistische Bedrohung diente dazu, den Vietnamkieg zu legitimieren. Da wird geredet von der „Überschwemmung mit Ausländern“ und schon gibt es Gruppen, die sich daran machen, diese Menschen hier bei uns zu verprügeln. Der Kampf gegen den Terrorismus ist im Augenblick Legitimation für Gewalt, Gewalt auch eines Ausmaßes, die wir sonst so nicht zulassen würden. Und wenn dies öffentlich kritisiert wird, dann wird man behandelt, als stünde man auf der Seite der Terroristen. Wer nicht für uns ist, der ist gegen uns. So sagte der amerikanische Präsident, der mit der Angst der Menschen ein gefährliches Spiel treibt.
Warum kann Jesus in dem Boot schlafen? Was verhilft ihm dazu, in dieser schwierigen Situation nicht hektisch zu reagieren, panisch in Aktionismus zu verfallen?
Ich denke das wichtigste, was Jesus auszeichnet, ist seine tiefe Grundüberzeugung: ich bin gehalten. Ich habe einen Grund, auf dem ich stehen kann, den mir nichts und niemand nehmen kann, von dem mich nichts und niemand wegreissen kann. Jesus weiß sich zutiefst verbunden mit der Kraft des Lebens, die ihn nicht verloren gehen lässt, selbst dort nicht, wo der Tod vor Augen steht. Was nicht heißt, dass Jesus keine Angst gehabt hätte. Es wird erzählt von dem Gebet in Gethsemane, wo er Gott darum bittet, dass er diesen Weg nicht gehen müsse. Wir kennen die Worte am Kreuz: mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Diese Erfahrungen des Lebens begleiten auch ihn als ganz menschliche Lebenserfahrungen, die auch inmitten eines tiefen Gottvertrauens lebendig werden. Aber er lässt sein Handeln nicht von dieser Erfahrung leiten. Er ist nicht geflohen, als die Häscher kamen, er hat am Kreuz seine Gegner nicht verflucht, sondern er hat dem Soldaten das Ohr geheilt, er hat seine Verfolger am Kreuz gebetet.
Wer sein Leben in der Hand dessen weiß, der dem Leben sein Ziel gibt, wer sein Leben in der Hand dessen weiß, der Leben nicht verloren gibt, sondern Zukunft über den Tod hinaus zu geben vermag, der weiß, dass er in den Stürmen des Lebens bestehen kann.
Mich fasziniert, dass Jesus in dieser Situation einfach aufstehen kann und fragt: Warum seid ihr so furchtsam?
Warum regt ihr euch so auf? Natürlich bietet das Leben Zeiten, wo einem der Wind ins Gesicht bläst. Natürlich gibt es im Leben Situationen, wo das Lebensboot ungeheuerlich ins Wanken gerät, das Wasser hineinschlägt und man zu versinken droht. Das ist Leben. Und auch die Angst gehört zu unserem Leben. Und nicht nur immer Angst vor äußere Bedrohung, sondern auch die Angst vor Ansehensverlust, vor dem Verlust von Lebensmöglichkeiten, vor dem Verlust von Menschen, die wir lieben, bis hin in die Angst vor dem Tod.
Aber wir gehen darin nicht unter, weil wir Gehaltene sind, weil wir eben nicht nur auf uns allein angewiesen sind, sondern weil da noch jemand ist, der mit uns im Boot sitzt, der Halt gibt.
Menschen, die sich ganz auf Gott einlassen, die können ihre Angst überwinden, können inmitten der Angst ruhig bleiben und sich ihr Handeln nicht von der Angst diktieren lassen. Wenn Gott Ja zu mir sagt, dann muss ich nicht immer beweisen, was ich kann. Wenn Gott mit in Leiden und Tod hält, kann ich ihm auch mein Leben und mein Sterben anvertrauen. Und wenn wir ein solches Gottvertrauen in uns tragen, dann können wir auch Abstand gewinnen von dem, was Angst macht und dann können wir unsere eigenen Gedanken und vorschnellen Reaktionen loslassen, um einzutreten für Gerechtigkeit und Frieden. Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? So fasst der 27. Psalm Gottvertrauen in Worte, das zu einem veränderten Leben führen kann.
Und der Herr gibt den Weg des Miteinanders vor: z.B. darin, dass er für die Gewaltfreiheit eintritt, für die Achtung des Anderen, des Andersseienden. Er tritt ein für die Überwindung von Hass und Gegnerschaft, er tritt ein für das Miteinander, für ein Leben, das den anderen gelten lässt, ihm Raum gibt und ihm Anerkennung verleiht, auch wenn er diese in den Augen der Menschen gar nicht verdient hat. In all dem liegt ein Bewusstsein, das eben nicht geprägt ist von der Angst vor dem anderen oder der Angst um das eigene Leben, sondern davon, dass wir immer schon Gehaltene sind, die sich nicht um sich sorgen müssen, sondern in ruhiger Gelassenheit auch im Sturm bedachte Wege gehen können, um miteinander zu leben. Und wer mit einer solchen ruhigen Gelassenheit auftaucht, der wird auch dazu beitragen, dass der Sturm sich legt, dass das Boot nicht mehr schaukelt, dass man wieder Boden unter den Füßen bekommt.
Und das ist etwas, was wir von Jesus lernen können. Und dann können wir eben eintreten für friedvollen Umgang miteinander, für Konfliktbewältigung ohne Waffen, für ein Denken, das nicht zuerst Gewalt sieht, sondern das Lebensrecht auch des anderen. Ich bin mir bewusst, dass wir auf einem solchen Weg auch immer wieder scheitern, dass wir an unsere Grenzen stoßen und auch manchmal daran verzweifeln, weil das Böse immer wieder um sich greift. Aber gerade darin gilt es sich deutlich zu machen, dass im Boot einer sitzt, der Wege des Lebens kennt. Wir müssen nicht panisch handeln, getrieben durch die Angst, wir können uns – gehalten von Gott – ruhig dem Wind entgegen stellen. Wir können darin zeigen, dass es auch andere Wege gibt, sich dem Bösen entgegen zu stellen. Gottvertrauen schafft neue Denkräume, die auch mitten im Sturm zu entdecken sind und damit den Sturm auch legen können. Wir können damit die Angst in der Welt nicht verhindern, aber wir können dazu helfen, die viele unnötige Ängste von Menschen zu vermeiden. Wir können dazu beitragen, dass Menschen keine Angst mehr vor Menschen haben müssen. Und auch dazu will uns die Geschichte von der Sturmstillung ermutigen. Amen

Lied: 989 3x

Ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn du allein, Gott, hilfst mir, dass ich sicher wohne. (PS 4,6) Wenn alle Menschen mit diesem Satz im Herzen schlafen gehen könnten, dann wäre Frieden auf der Erde. Davon träumen wir und darum bitten wir dich, Gott
für alle Kinder auf der Welt, die vor Hunger nicht einschlafen können. Hilf, dass sie satt werden, damit sie nicht lernen,
ihren leeren Bauch mit Wut und Hass zu füllen.
Mach uns wach für die Zusammenhänge, die Hungersnot bewirken, lass uns aufstehen und kreativ werden,
dass wir sinnvollen umgehen mit Geldern und Gütern.
Darum beten wir gemeinsam:
Alle: Wir wollen Frieden für Alle,……

Wir beten für die Jugendlichen, die sich fürchten vor der Nacht, weil Alpträume von erlittener Gewalt sie überfallen, als wären sie real, für die jungen Frauen, die durch sexuelle Gewalt, und die jungen Männer, die durch Kriegserlebnisse Lass sie Menschen finden, denen sie sich anvertrauen
und das Unaussprechliche aussprechen mögen,
Menschen, die das auch aushalten können.
Schenke ihnen die Ahnung von einem sicheren Ort im Innern,
zu dem sie zu jeder Zeit Zuflucht nehmen können.
Darum beten wir gemeinsam:
Alle: Wir wollen Frieden für Alle,……

Wir denken an die Menschen, die in Arbeit und Sorgen versinken, die in schlaflosen Nächten wühlen,
weil unerledigte Dinge über ihnen zusammenschlagen wie meterhohe Wellen und alles noch viel schlimmer erscheint als am Tag. Hilf ihnen zu ordnen, was wichtig ist und was nicht, und loszulassen. Sende in ihre Träume das Wissen um Selbstbestimmung, dass sie Macht gewinnen über ihre Zeit und ihre Aufgaben. Lass sie spüren, dass sie von unschätzbarem Wert sind jenseits dessen, was sie leisten, und darin Ruhe finden. Darum beten wir gemeinsam:
Alle: Wir wollen Frieden für Alle,……

Wir vertrauen dir die Menschen an, die in der Nacht weinen,
vor Sehnsucht nach vermissten Menschen oder verlorener Heimat, über eine zerbrochene Liebe, vor Schmerzen
oder weil sie sterben müssen.
Lass sie spüren, dass du ihnen so nah bist wie das Kissen,
das ihre Tränen aufnimmt.
Tröste sie mit der Vision, dass aus ihren Tränen in der Seele ein Regenbogen aufgehen kann.
Darum beten wir gemeinsam:
Alle: Wir wollen Frieden für Alle,……

Wir bitten für die Menschen im Nahen Osten, die keine Ruhe finden. Wir bitten für diejenigen, die sich für Frieden und Verständigung einsetzen, dass sie nicht verzweifeln, wenn wieder einmal die Waffen sprechen.
Wir beten für alle, die immer wieder Waffen einsetzen, um ihre Ziele durchzusetzen. Lass sie die Einsicht gewinnen, dass eine Waffe keinen Schritt weiter bringt.
Wir beten für alle Opfer und ihre Angehörigen, dass der Hass sie nicht zerfrisst, sondern dass Wege aus der Gewalt geschritten werden.
Darum beten wir gemeinsam:
Alle: Wir wollen Frieden für Alle,……

Wir legen dir Gott, all diejenige ans Herz, die krank danieder liegen, deren Lebenszeit nur noch begrenzt ist und die diesen Menschen beistehen. Gib du Kraft dazu und schenke ihnen die innere Ruhe, um ihren schweren Weg zu gehen.
Darum beten wir gemeinsam:
Alle: Wir wollen Frieden für Alle,……


Vaterunser
Segen

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .