05.10.06 „Was sollen wir wählen – was dürfen wir hoffen?“

Wort zum Sonntag Oktober 2006 „Was sollen wir wählen – was dürfen wir hoffen?“

Vor ca. 2500 Jahren wurden die Klagelieder des Alten Testaments geschrieben. Der Dichter beschreibt den Zustand seines Volkes, das Daniederliegen der Wirtschaft, die Zerstörung des Landes. Die Not war so groß damals, dass selbst die Toten beneidet wurden. Die Menschen verhungerten, der ganze Staat war zusammengebrochen und es herrschte das Faustrecht. Ähnliche Bilder habe ich im Fernsehen jetzt aus New Orleans gesehen, nach der Hurrikankatastrophe. Über Tage – bis heute – herrschte Chaos und Anarchie. Die Naturbedrohung ist weg aber jetzt bekriegen sich die Menschen untereinander, plündern und morden, vielleicht auch um ihr eigenes Leben zu retten, um nicht zu verhungern.

Wie kann man unter solchen Verhältnissen noch leben, wie kann man noch nach Vorne schauen? Ähnliche Situationen gibt es an vielen Stellen dieser Erde. Wie findet man wieder Hoffnung, wieder Vertrauen, wieder Zuversicht.

Liebe Leser, wer solche Katastrophenzustände nicht selbst erlebt hat, kann sich wahrlich nicht vorstellen wie das ist wenn man alles verliert, Hunger und Durst leidet und der Tod einem im Nacken sitzt. Die Alten, die jetzt um Ihre Renten bangen, wissen wovon ich rede.

Uns hier – besonders in Verl – geht es dagegen gut. Eigentlich müssten wir lachen und singen, tanzen und jubeln, müssten uns des Lebens freuen und von morgens bis abends Halleluja singen. Aber es ist doch merkwürdig – wir machen das nicht, wir lieben die Beerdigungsstimmung, wir geben der Freude im Gesicht oft wenig Platz. Wir sehen das Elend beim Anderen, aber erkennen unser eigens Glück nicht. Es gibt bereits Depressionsbarometer auf denen aktuell veröffentlicht wird, wie deprimiert wir Menschen in Deutschland doch sind. Und an diesem Sonntag fragen sich aus dieser Not heraus dann viele: „Was sollen wir eigentlich noch wählen – was dürfen wir eigentlich noch für unsere Zukunft hoffen?“

Ob es einem schlecht geht, oder ob man das Gefühl hat, dass es einem schlecht geht, das sind zwei paar Schuhe.

Wo ist die Lösung? Der Psalmist schreibt: Ich will mich an etwas anderes erinnern, damit meine Hoffnung wiederkommt.

Das Gute im Leben ist schnell vergessen, dafür kommen im Wahlkampf jetzt markante Sprüche, schöne Wahlversprechen, die Mut machen sollen. Starke, durchsetzungskräftige Männer oder Frauen braucht das Land. Der Staat muss das endlich gut regeln. Von uns eine gute Wahl? Der Psalmist sagt: Ihr Mächtigen, warum liebt ihr den Schein und sinnt auf Lügen?

Meine Kinder konnte ich auf einer sehr langen Wanderung nur damit bei Laune halten, dass ich hinter jeder Bergkuppe eine Pommesbude vermutete. Lange konnte ich das nicht durchhalten. Leere Versprechungen sind gefährlich, für den der sie abgibt aber besonders für den der sie glaubt. Viele Parteien versprechen uns wünschenswerte Dinge, Süßigkeiten hinter dem nächsten schweren Berganstieg, aber bestenfalls zeigen sie uns nur das Bonbonpapier. Kinder würden darauf nicht reinfallen.

Die Wahrheit gab es schon vor 2500 Jahren: Ihr Mächtigen, warum liebt ihr den Schein und sinnt auf Lügen?

Solange wir noch eine Wahlmöglichkeit haben, sollten wir sie auch verantwortlich nutzen, müssen wir sie nutzen. Am Sonntag wählen heißt: nach Vorne in die Zukunft schauen, unsere Hoffnung auf Veränderung setzen, die Ärmel aufkrempeln und sich nicht von Schreckensbildern und leeren Versprechungen irritieren lassen.

Ob es einem schlecht geht oder man nur das Gefühl hat, dass es einem schlecht geht, das sind immer noch zwei verschiedene Dinge. Auch in Verl geht es nicht allen gut, auch in Verl haben viele Menschen Sorgen, daran muß man arbeiten, das kann man verbessern.

Tausende von Menschen (meistens Kinder) sterben täglich in den Hungerzonen der Welt, die Folgen des Wirbelsturms in Amerika – mein Gott ist das furchtbar, aber die Benzinpreis-erhöhung um 20 Cent, das ist wahrlich eine Katastrophe und wenn ich auch noch auf die Pendlerpauschale und andere Steuervergünstigungen verzichten soll, wovon und wofür soll ich dann noch leben?

Worauf setzen wir unsere Hoffnung? Von Gottes Güte kommt es, dass wir noch leben. Seine Liebe ist jeden Morgen neu und seine Treue unfassbar groß.

Liebe Leser, in dieser Zuversicht, mit dieser Hoffnung dürfen wir immer wieder Neues wagen, können den Mut aufbringen positiv zu denken und nach Vorne zu schauen. Wir können uns auf Neues einlassen, weil es uns eigentlich ganz gut geht. Nur wer nicht wählt, hat schon verloren.

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