10.08.08 „Drachen steigen lassen“

Wort zum Sonntag, 10. August 2008-08-04 „Drachen steigen lassen“

Natürlich kann man da gut Drachen steigen lassen, vielleicht mal wieder wie früher aus Zementsackpapier mit Kartoffeln geklebt und dann 50 Stücke Strohband aneinander geknotet. Oder die Tiere, Karnickel und Krähen, die kann man jetzt besonders gut erkennen wenn sie die Reste ernten. Ich meine die Stoppelfelder, die in diesen Tagen überall wieder zu sehen sind. Das Unkraut, es wird nicht mehr gespritzt, kann natürlich da auch besonders gut wachsen. Stoppelfelder ist das, was überbleibt, nach pflügen, sähen, düngen und ernten.

Ich befinde mich gerade in den letzten Wochen meiner aktiven Berufslaufbahn. Ein bisschen noch, dann ist Schluß, dann ist die Ernte des Lebens vorbei, was bleibt ist Stoppelfeld. Sagen viele! Meinen auch manche schauen so und leben auch so. Natürlich ist Rente, natürlich ist das Ausscheiden aus den Arbeitsprozessen, das Fehlen von pünktlich Aufstehen, Losfahren, Arbeiten und erschöpftem Feierabend ein einschneidender Lebensabschnitt. Für viele Menschen ein Riesenproblem. Nichts ist mehr so wie die letzten 45 Jahre. Oder? Oder man macht es Anders, man muß anders denken, alles aus einem neuen Blickwinkel betrachten. Es ist gut auch mal den Standpunkt zu wechseln. Das Stoppelfeld ist doch nur da, weil die Ernte eingefahren ist, die Hauptarbeit vorbei ist. Und wenn die Ernte gut war sind die Scheunen voll, gefüllt bis an den Rand. Es wurde doch gepflügt und gesät und gedüngt, damit geerntet werden kann. Jeder Bauer dankt doch Gott, wenn er das Stoppelfeld sieht, weil er weiß, es ist geschafft. Es ist vorbei, der Winter kann kommen und bald wird wieder gepflügt.

Haben Sie mal überlegt, welche Situationen, vor allem aber Menschen in Ihrem Leben wichtig waren. Menschen die auf Ihrem Lebensacker waren. Menschen, die entscheidend Einfluss auf Ihr Leben genommen haben. Natürlich Eltern und vielleicht Großeltern, aber mir ist eine Lehrerin eingefallen an die hatte ich 45 Jahre nicht mehr gedacht, oder in jungen Jahren Personen, die an meinem Berufsweg gestanden haben. Ihr Einfluss hat erst wirklich aus mir Arthur gemacht. Sie haben meinen Acker mitgepflügt, gesät und gedüngt, und ich hatte das gar nicht wirklich gemerkt. Und was ist auf meinem Feld alles gewachsen, bis es dann Stoppelfeld wurde? Eine Partnerschaft die trägt, Freunde auf die Verlass ist, auch wenn sie durch berufliche Veränderungen gewechselt haben, Mitarbeiter von damals, die sich auf einen freuen wenn man sie sieht, Menschen, die kilometerweit den eigenen Lebensweg mitgegangen sind. Flüchtige und dauerhafte Kontakte, von denen alle profitieren bis heute, und Besuche von Menschen aus aller Welt und Reisen zu Menschen und Schönheiten an vielen Punkten der Erde. Auf dem Stoppelfeld des Lebens sind viele Früchte gewachsen – natürlich auch Unkraut, natürlich ist manches nicht angegangen oder so geworden, wie man es gewünscht hat. Aber, von tiefstem Herzen sei Gott gedankt, zu meiner Ernte gehören auch noch die Kinder, und sie leben noch und sind gesund. Sie haben Nahrung und Dünger genommen aus dem Acker unseres Lebens, geschützt groß geworden, gepflegt, gereift und gut vorbereitet ihren eigenen Acker zu bestellen. Den bestellten Acker der Kinder zu erleben, mit Enkelkindern zurückzuschauen und alt zu werden ist das Schönste Ergebnis eines Stoppelfeldes. Wer barfuss über das Stoppelfeld geht kann spüren, dass ernten auch weh tun kann. Alles was man säht geht nicht auf, die Frucht und das Ergebnis entsprechen nicht immer den Wünschen und Vorstellungen. Aber vieles habe ich auch in meinem Leben auch geerntet, sicher mehr als ich erkennen kann, ohne dass ich gesät habe, obwohl ich den Dünger vergessen habe. Und manches das ich „Unkraut“ nannte, erfreut andere in der Blumenvase.

Und was kommt nach dem Drachen steigen lassen? Ich freue mich schon. Heute ist vieles möglich, wenn nicht die Daumen gedreht, sondern gehandelt wird. Ganz schnell wird wieder gepflügt, ganz schnell wird wieder gesät, natürlich nicht die gleiche Frucht, und dann kann noch mal geerntet werde, wenn alles klappt, wenn das Wetter gut, wenn der Dünger stimmt.

Aber, wie heißt es so richtig? „Der Mensch denkt,…..!“ Lasst man kommen, ich pack es erst mal, ich sähe noch mal. Eine Ernte scheint mir zu wenig. Es ist nicht der Sinn eines Ackers, dass er Stoppelfeld bleibt. Aber die Zeit muss sein, die Zeit nehm ich mir, in aller Ruhe die Früchte meines Stoppelackers weiter zu suchen. Es gibt noch viele, an die ich nicht denke, viele, die da waren, nur kurz, haben sich ausgeruht, ein wenig gegessen und sind weitergezogen. Einige werde ich noch sehen, manche werden mir noch einfallen, aber dann – dann wird wieder gepflügt! So Gott will!

Ihnen allen wünsche ich einen schönen Spaziergang über Ihr Stoppelfeld!

Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

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