04.10.09 „Was ist Dein Name?“

Wort zum Sonntag 04.10.09 „Was ist Dein Name?“

„Wie heißen Sie?“ „Katharina!“ „Und wie mit Hausnamen?“ „Katharina!“ „Wie hieß denn Ihr Vater?“ „Ich glaube Katharina?!“ Die Bewohnerin sitzt unsicher und ratlos auf ihrem Stuhl. Solche Dialoge erlebe ich fast jedesmal, wenn ich Krankengottesdienst in einer kleinen Wohngruppe für Senioren halte. Viele Menschen werden heute älter und mit der gestiegenen Lebenserwartung steigt auch die Zahl der Menschen, die an Demenz erkranken. Viele Einzelpersonen, Familien und Senioreneinrichtungen kümmern sich rührend um diese Menschen, um ihnen ein Leben und irgendwann ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Heilung gibt es nicht. Und so sind mit der Krankheit auch viele Fragen und viel Leid verbunden. Was geht in dem betroffenen Menschen vor? Wer oder was kann sie im fortgeschrittenen Stadium noch erreichen? Für die Angehörigen ist es oft ein schmerzlicher und sehr langer Weg des Abschieds. Ein Mensch, der vertraut war, vielleicht der Partner, verändert sich und rückt immer weiter weg. Und wer dieser Krankheit begegnet, begegnet auch der eigenen Angst. In Gesprächen mit älteren Menschen erlebt man immer wieder die Freude darüber alt werden zu können, aber auch der Furcht, die Kontrolle über sich selbst zu verlieren. Wer bin ich dann noch, wenn ich ganz auf die Hilfe anderer angewiesen bin? Wer bin ich denn noch, wenn meine Gedanken immer öfter durcheinander geraten? Wenn ich vielleicht selbst nicht mehr weiß, wer ich bin? Wer oder was hilft mir dann? Eins weiß die Medizin heute genau, Menschen mit solchen Krankheitsbildern haben – wie Kinder – ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Liebe und Fürsorge. Darum müssen die Angehörigen und Betreuer lernen mit Gesten und Lächeln und Berührungen zu lieben. „Das ist das Einzige, was Opa noch versteht!“, sagte mir jemand. Meine „Freunde“ in der Seniorengruppe haben alle einen Namen und kennen ihn und ich kenne sie. Dadurch haben sie eine unverlierbare Würde. Man kann sie ansprechen, mit ihrem persönlichen,( privaten) Namen und das ist wichtig. Der Name ist ganz tief in der Person grundgelegt, verankert. Sehr lange kann ein Mensch dadurch erreicht werden, dass man ihn mit Namen anspricht. Der Name steht dafür, dass der Mensch eine eigene wertvolle Person ist und bleibt. Wer mit Demenzkranken zu tun hat, steht immer wieder vor der Frage, was macht den Menschen aus? Was gibt ihm eigentlich seine besondere Würde? Und dahinter steht dann immer auch die Frage, was macht mich aus? Was gibt mir meine besondere Würde? Lernen wir aus der Bibel, lernen wir aus Gottes Wort: Die Dir eigene besondere Würde ist Dir mit Deinem Leben geschenkt. Es gibt das Leben und es gibt Dich, weil Gott es gewollt hat. Weil Gott gesprochen hat, und indem er sprach, schuf er Dich nach seinem Bilde. Und Gott lässt Dich nicht los. Er redet immer wieder mit Dir, hinein in Dein Leben, auch hinein in Deine Schuld und Lebensangst. Er sagt auch zu Dir: „Fürchte Dich nicht, ich habe Dich bei deinem Namen gerufen und DU bist mein!“ So spricht unser Gott, der Dir und mir und uns das Leben geschenkt hat, der seine Hand auf uns gelegt hat im ersten Moment des Entstehens und uns auf seinen Händen trägt – auch durch die Nacht – in sein Vaterhaus. Dies gibt mir Sicherheit und Vertrauen. Ich – Arthur – würde mir wünschen, dass es auch hier in der Welt Menschen gibt, die mir sagen: „Fürchte Dich nicht!“ und mich spüren lassen, dass ich nicht verloren bin, auch dann, wenn es dunkel und still wird.

(In einem Firmlied haben wir mal gesungen: „Vergiss es nie: Dass du lebst war keine eigene Idee, und dass du atmest, kein Entschluss von dir“. „Vergiss es nie: Niemand denkt und fühlt und handelt so wie du, und niemand lächelt so, wie du´s grad tust“. Ich – Arthur – würde mir wünschen, dass es auch Menschen gibt, die mir dies sagen und spüren lassen. Dass ich mich nicht fürchten muss, weil ich nicht verloren bin, auch dann, wenn es dunkel und still wird.) Herbert Wehner spielte für seine Lotte, die schwer demenzkrank war in den letzten Minuten auf der Mundharmonika: „So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich.“ Dabei schlief sie für immer ein. „Wenn ich auch gleich nichts fühle von Deiner Macht, du führst mich doch zum Ziele – auch durch die Nacht“ Es ist gut, wenn wir mit Worten und Berührungen die Botschaft vermitteln können, die dieses Vertrauen in die Geborgenheit Gottes anrührt und schenkt. („Wie heißt DU?“ „Fürchte Dich nicht, denn ich habe Dich erlöst; ich habe Dich bei deinem Namen gerufen; DU bist mein!“ Das ist unser Gott! So spricht unser Gott, der Dir und mir und uns das Leben geschenkt hat, der seine Hand auf uns gelegt hat im ersten Moment des Entstehens und uns auf seinen Händen trägt – auch durch die Nacht – in sein Vaterhaus. Friede und Freude darum mit Dir – Wie heißt DU?)

Ihnen allen einen gesegneten Sonntag. Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

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