Vorwort Pfarrbrief – Corona

Liebe Freunde von Jesus im Ölbachraum!
Als erstes hoffe ich und wünsche ich, dass es Ihnen allen gut geht. So ganz persönlich meine ich – gesund und zufrieden, trotz der momentan schwierigen Situation. Die Pandemie um uns und in der Welt sieht ja augenblicklich ganz schön bedrohlich aus.
Selten habe ich so oft Sch….. gesagt, wie in den letzten Monaten.
Unsere Goldhochzeitsparty fiel aus, Erstkommunion des Enkelkindes in den November verschoben, keine Treffen mehr mit Freunden, in den Geschäften kein Klopapier 😉 und vieles mehr. Und dann die Flatterbänder in der Kirche, Listen, Desinfektionsspender, viele leere Plätze. Alle, auch Schwerbehinderte wurden abgewiesen, wenn 29 erreicht war. Dann keine Lieder, Null Gemeinschaft im Gottesdienst, Kommunion mit Mundschutz hinter Plexiglas. Nee – so kann ich das nicht!
Auf dem Sofa habe ich mir dann die Gottesdienste im Fernsehen angeschaut. Die meisten waren sehr beeindruckend und haben mir gutgetan. Trotzdem, die ganze Situation und dazu die entmutigenden Diskussionen in meiner katholischen Kirche, haben meinen Glauben ganz schön belastet und an Grenzen geführt. Gut, dass ich noch meine Senioren habe. Die, die ich regelmäßig besuchte und die Kommunion brachte, sind fast alle gestorben. Jetzt lade ich alle Senioren in meiner Siedlung öfter zum Gottesdienst bei uns im Wohnzimmer ein – mit allen Regeln. Das tut uns allen gut. Und da sind noch meine Flüchtlinge, die „Daddy“ anrufen oder kommen, wenn sie wieder mal unsere Bürokratie nicht verstehen, oder finanzielle Hilfen brauchen. Gut, dass ich da gute Unterstützung aus Paderborn habe.
Aber – Gottesdienst ist deutlich mehr, als nur sonntags eine Stunde zusammenzukommen.
Gottesdienst heißt auch zu fragen, wie kann ich unserm Gott einen Dienst erweisen, weil ich dankbar bin, dass ich bin und lebe, zu essen habe und dass Corona mich noch nicht erreicht hat. Warum tut Gott diesen Dienst an mir? Was soll ich tun?
Gottes-Dienst kann so unterschiedlich sein. Wenn Sie Ihren Nachbarn oder die Freunde anrufen, die sie sonst regelmäßig treffen. Wenn Jüngere für Ältere einkaufen gehen. Wenn wir in der Öffentlichkeit Masken tragen, oder als positiv getestete zuhause bleiben.
Gottes-Dienst kann so überraschend guttun. Da wo einer etwas sagt oder tut und dann bei sich merkt: Das hätte Gott auch so gewollt, das ist seine Liebesbotschaft.
Bei Jesaja heißt es: „wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es nicht …. Lernt Gutes zu tun!“
Ich freue mich, wenn alles wieder normal wird, bei den heiligen Messen, in unseren Kirchen – aber Gottesdienst ist viel mehr – das habe ich in dieser Zeit gelernt.
Ihnen werden auch viele Dinge und Situationen in ihrem Leben einfallen, für die sie dankbar sind, wo unser Gott Ihnen einen Gottes-Dienst getan hat.
Unsre Kirche, unsere Glaubensgemeinschaft, hat es nicht nur im Moment schwer, die Zukunft wird möglicherweise noch gruselig werden.
Auf die Bischöfe oder Rom dürfen wir nicht warten. Ich bin gefragt und Sie auch. Meine ganze Lebensweise muss eine Antwort sein auf meinen Glauben – wie ich mich benehme, wie ich Menschen begegne, meine Einstellung zu Tieren und zur Natur.
Und der schwierigste Teil ist sicher: Als Christ muss ich den Menschen zeigen, dass ich wirklich glaube. Dass ich vertraue, auf Gott und seine Nähe und Hilfe. Und dann kann ich seine Botschaft auch leben, auch in diesen schwierigen Zeiten – vielleicht sogar besser.
Und wenn ich Sch…… rufe, auch das versteht mein Gott, denn hinterher ging es mir meistens besser und ich konnte neu beginnen meinen Gottes-Dienst zu leben.
Ihnen noch eine gute und gesunde Zeit.

Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

Osterbrief 2020 Kindergarten

  Hallo Kinder!  
 – Ich höre nichts – nochmal: Halllooo Kinder !!!! –
Jetzt habe ich Euch gehört.  
Weil wir uns im Kindergarten nicht zum Gottesdienst treffen
können, wollte ich Euch mit diesem Brief eine Freude machen
und ein schönes Osterfest wünschen.  
Ostern ist mein Lieblingsfest. Nicht wegen der Eier und auch nicht
wegen des Osterhasen.
Ich freue mich über Ostern, weil wir Christen ganz fest glauben,
dass wir alle, wie Jesus nach dem schlimmen Tod am Kreuz, nicht tot
im Grab bleiben, sondern auferstehen und in den Himmel kommen. Aber wo genau der Himmel ist und was da genau los ist,
das weiß ich auch nicht.
Ich freue mich trotzdem – ganz toll!

Vielleicht kann uns die kleine Geschichte von der Raupe Arthur und dem Schmetterling helfen.
In der Ritze eines Baumstammes lag ein winziges kleines Ei. Aus diesem Ei schlüpfte eines Tages eine winzige Raupe. Sie hieß Arthur. Und Arthur hatte großen Hunger und suchte etwas zu fressen. Unter dem Baum gab es Veilchenblätter, die schmeckten der Raupe Arthur besonders lecker. Überhaupt hatte Arthur nur eines im Sinn: fressen, fressen und nochmals fressen. Eines Tages war die Raupe Arthur ganz groß und dick geworden. Sie spuckte nun ganz feine Fäden aus, band sich an einem Ast fest und wickelte sich rundum in eine Hülle ein, wie in eine Decke. Aber dann passierte etwas ganz Tolles unter dieser Decke! Darunter verwandelte sich nämlich die Raupe Arthur. Von außen konnte man nichts sehen. Aber eines Tages im Frühling, als es warm wurde, platzte die Hülle auf, und heraus kam ein zarter wunderschöner Schmetterling. Unser Schmetterling, der vorher die Raupe Arthur war, flog nun von einer Blüte zur anderen. Die leere Hülle aber fiel bald vom Ast ab.

Weil Jesus von den Toten auferstanden ist, feiern wir Ostern ein schönes Fest. Es gibt ein paar kleine Geschenke, wie Ostereier oder Schokoladen Hasen. Wenn man jemanden trifft, sagt man „Frohe Ostern!“, oder man schickt sich eine Postkarte, oder ruft seine Freunde an.

Wichtig ist auch, dass man mit Gott spricht, ihm erzählt, dass man sich freut über Ostern.

Wenn wir im Kindergarten zusammen beten und das Kreuzzeichen machen, sagen wir immer gemeinsam:
         GOTT – HAT – MICH – LIEB!
Und weil Gott uns liebhat, schenkt er uns den Himmel. Aber erst mal leben wir hier auf der Erde und versuchen uns gegenseitig zu helfen, vertragen uns schnell wieder und versuchen, auch anderen eine Freude zu machen.
Vielleicht macht es Euch auch Freude, wenn Ihr den Schmetterling schön bunt malt und dann an die Wand hängt. Ich freue mich auch, wenn der Kindergarten bald wieder aufmachen kann. Dann treffen wir uns wieder und können gemeinsam singen und beten.

Bis dahin wünsche ich Euch eine schöne Zeit und ein
GESEGNETES OSTERFEST
Gott beschütze Euch und Eure ganze Familie
Arthur Springfeld (Diakon)

OSTERN findet statt! 2020

OSTERN findet statt! (Hompage der Pfarrgemeinde St. Anna Verl)

„Frohlocket, ihr Chöre der Engel, …… !„ Über 30 mal habe ich das in der Osternacht schon gesungen, manchmal ist mir dabei fast die Luft ausgegangen. Dieses Jahr wird das nichts, denn die Gottesdienste in der Kirche fallen zu Ostern aus. Und dabei könnte ich dieses Jahr das „Exsultet“ aus besonders frohem Herzen singen. Natürlich ist das „Sch……“, was in diesen Tagen um uns herum passiert. Gruselig, wenn Angehörige keinen Abschied nehmen können, nicht mehr beim Sterben der Lieben deren Hand halten. Kein dankendes, kein versöhnendes Wort mehr austauschen können ist schlimm. Und die vielen Existenzen, die bedroht sind, furchtbar. Kein Kindergarten, keine Freunde treffen, keine Schule – ok, das können die meisten Schüler aushalten, für die Abiturienten ist es eher schwierig. Viele Menschen gibt es, die wahrscheinlich ihren Job verlieren, mit allem, was da dranhängt. Und so viel Perspektivlosigkeit.
Warum ich trotzdem „Frohlocken“ möchte?
Es gibt für mich so viele Gründe. Ich lebe noch!
In unserer Großfamilie ist bisher niemand betroffen.
Klopapier und Mehl haben wir genug, auch ohne hamstern.
Wenn um 19.30 Uhr der Wecker klingelt und meine Frau und ich, und wer von der Familie dazu kommt, gemeinsam beten und dabei die vielen Katastrophen in den Blick nehmen. Neuerdings gibt es bei uns eine „Familienrudelgruppe“ bei WhatsApp. Über 20 Geschwister, Partner, Nichten und Neffen gehören dazu. Nie war unsere Familie so eng verbunden.
Und dann – keine Caritastermine für meine Frau, keine Gottesdienstvorbereitung oder Predigtplanung, keine Hochzeitstermine oder Taufgespräche, obwohl wir das eigentlich gerne machen.
Mein Garten sieht endlich mal wieder (fast) super aus.
Täglich telefonieren wir mit andern Freunden und Bekannten.
Ok, und das Wetter passt auch.
Das Christentum gibt es seit über 2.000 Jahren. Wahrscheinlich ist bei Pest und Pocken auch schon mal der Ostergottesdienst ausgefallen. Wir können heute wenigstens die Messe aus Wien oder den Gottesdienst in der evangelischen Kirche im TV sehen und hören. Großartige Menschen, denen man da begegnet.
Einverstanden, wenn es einen selbst, oder jemand aus der Familie oder dem Freundeskreis erwischt, wird’s doch ganz schön düster, das tut sehr weh. Aber hat es andere nicht noch bösartiger getroffen? Im Mittelmeer, in den Lagern in Griechenland, der Türkei oder Syrien? Oder in den Ruinen von Kundus, oder den Slums von Calcutta?
Den Virus werden wir besiegen – keine Frage. Das schaffen wir! Aber besiegen wir auch unsern Egoismus und unsere Gier?
Können wir es schaffen, diese Hilfsbereitschaft, diese Nächstenliebe, diese Nähe zur Familie und zu Freunden zu bewahren? Oder wird der Vorrat an Klopapier die Messlatte bleiben?
Die Welt und das Miteinander werden sich nach der Krise bleibend verändern, aber ich hoffe, dass ich dennoch noch oft mein „Frohlocket“ singen kann.
Mit Gott an der Seite, und seinen Vorgaben im Herzen und im Tun, wird alles gut.
Ihnen und allen für die Sie beten, an die Sie denken, die Sie mögen (den andern auch), Ihrer ganzen Familie, wünsche ich ein gesegnetes Osterfest.
Denn der Herr ist immer da, denn er ist wahrhaft auferstanden. Halleluja – Frohlocket!
Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

Osterbrief 2020 an Pfarrgemeinde aufstehen-auferstehen

aufstehen – auferstehen  
einmal mehr aufrecht
 als am boden zu liegen
einmal mehr die angst besiegen  
einmal mehr hoffen
 als enttäuscht werden
einmal mehr vertrauen wagen  
einmal mehr verzeihen
 als schuld zu erahnen
einmal mehr lächeln aus liebe  
einmal mehr heimkommen
 als von sich fortgehen
einmal mehr stolz überwinden  
einmal mehr lachen über sich
 als weinen über das leben
einmal mehr von vorn beginnen  
einmal mehr danken
 als fremden reichtum zu beklagen
einmal mehr die augen zu öffnen. AS
 

Christus ist auferstanden, damit wir auferstehen!

Liebe Mitchristen unserer St. Judas Thaddäus Gemeinde!
und Mitchristen aus anderen Gemeinden!

Ganz schön schwierig diese letzten Wochen vor Ostern und wie und wann es wieder normal weitergeht, ist noch unsicher. Unser Bruder und Heiland Jesus Christus hat auch viel Leid ertragen und ist als Sieger zum Vater heim-gekehrt. Darum wollen auch wir uns nicht unterkriegen lassen und voller Hoffnung nach vorne schauen. Christus ist unser Vorbild und unser Ziel.
Im Gebet bleiben wir untereinander verbunden und unser Patron, Judas Thaddäus – zuständig für besonders schwierige Situationen, wird diesen Weg mit uns gemeinsam gehen. Die Menschen damals jubelten mit Palmzweigen. Unser Lob und unseren Dank können wir im gemeinsamen Gebet, verbunden als Pfarrgemeinde, abends um 19.30 Uhr, wenn die Glocken erklingen und zu jeder anderen Zeit vor unseren Gott bringen.
Pastor Korsus und ich, Arthur Springfeld, wünschen Ihnen/Euch
ein gesegnetes Osterfest
und das Spüren von Gottes Nähe, auch in schwierigen Zeiten.
OSTERN 2020

GOTT drückt den Resetknopf.

Leserbrief an die Kirchenzeitung „Der DOM“ (Diozöse Paderborn) 27.05.2019

GOTT drückt den Resetknopf.

Ob Gott sich wohl mit Computern oder Handys auskennt? Wahrscheinlich. Mit einem funktionierenden Christentum, unserem „Spiel des Lebens“ kennt er sich garantiert aus. Darum hat er vermutlich für Deutschland auch den Resetbutton gedrückt. Denn fast nichts läuft mehr, darum – Neustart – Neuanfang – neuer Versuch.  Nichts läuft wie es soll. Es holpert. Viele Ausfälle. Alles wird immer langsamer und jetzt scheint der Absturz wahrscheinlich. Die Menschen haben seine Programmierschritte nicht befolgt. Sie haben vergessen was seine Programmziele waren. Sie haben seine Programme für andere Spiele missbraucht. Die Kinder und Jugendlichen haben es am schnellsten begriffen. Sie bleiben weg, sie spielen nicht mit. Warum auch? Niemand der erwachsenen Mitspieler hat begriffen, dass Liebe und Freude am Glauben seine Spiel-Headline waren. Denn eine luxuriöse und vergoldete Graphik seiner Regeln hat er nie gewollt. Das „Spiel“ war sein Programm und nicht die Kostüme und Masken der Mitspieler. Dass Fehler gemacht werden, hat er gewusst, doch den Fehler korrigieren und bei den Anderen nicht nachtragen, das hatte er programmiert. Den Gewinn mit den anderen immer teilen, war seine Spielvorgabe und nicht – alles für sich behalten. Wer keine Freude an seinem Spiel hat und das auch zeigt, sollte erst gar nicht mitspielen. Und seine Regeln heimlich umstellen und männliche Mitspieler bevorzugen war nie seine Idee. Und wenn dann Gäste sich melden, die gerne mitspielen würden und man jagt sie weg, dann verändert man seine Programmierung, denn Er hatte alle eingeladen. Das Spiel war für alle geschaffen, ohne Ausnahme. Jeder sollte durch Erzählen und Tun dem anderen das „Spiel des Lebens“ erklären und ihn anleiten. Jeder darf und soll dabei den Admin um Hilfe bitten und sich Tipps holen, die Er dann gerne gibt und jeden Tag wieder neu. Ein großartiges Spiel, dieses „Spiel des Lebens“, kann man nicht kaufen, aber jeder bekommt es geschenkt – und alle die die Regeln einhalten, werden gewinnen. Wenn nur einer gewinnen will, funktioniert das ganze Spiel nicht. Unsere Kinder träumen von dem Spiel, die Sehnsucht ist ihnen grundgelegt. Nach dem Reset gibt es eine neue Chance, dass sie sein Spiel doch noch kennenlernen und mitmachen. Aber WIR müssen ihnen die Regeln zeigen und vorleben, das geht nicht vom Sofa aus, sondern findet im Leben statt, im Miteinander, vielleicht auch in der Kirche. Aber wenn wir das wieder mit mehrheitlich übel gelauntem Gesicht tun, nützt auch Gottes Reset nicht – und kein Kind will und wird mitspielen. Jeden Tag haben wir die Chance für den neuen Anfang – wir selbst können auch jeden Tag unsern Anteil am „Spiel des Lebens“ resetten und neu starten.
Arthur Springfeld (Diakon) Verl

Kirche geht zum Menschen – Arthur Springfeld hält Wortgottesdienst im Elli-Markt in Sürenheide

Kirche geht zum Menschen

Arthur Springfeld hält Wortgottesdienst im Elli-Markt in Sürenheide

Wenn die Menschen nicht in die Kirche kommen, kommt die Kirche zu den Menschen: In einem Nebenraum des Elli-Markts in Sürenheide, hat Diakon Arthur Springfeld am Dienstag zum Wortgottesdienst mit 34 Gläubigen gebetet und gesungen.

Manuela Fortmeier

Verl(WB). Da, wo Einkaufswagen rollen und Menschen sich begegnen, sind mitten im Tagesgeschehen Fürbitten vorgetragen worden, in einem offenen Seitenraum wurde am Dienstagabend gesungen und gebetet.

Kein herkömmliches Gotteshaus, kein Altar, nur eine Kerze, ein Kreuz und Blumen auf einer bescheidenen Decke, die auf der Erde liegt. »Ich bin begeistert«, war Diakon Arthur Springfeld von der katholischen Kirchengemeinde nach dem Wortgottesdienst im Elli-Markt in Sürenheide sehr zufrieden mit der Resonanz im Supermarkt. Zwölf Besucher hatte er erwartet, »das entspricht der üblichen Besucherzahl unserer Wortgottesdienste«. 34 waren dann aber gekommen.

»Hinaus aus der Kirche, sich auf den Weg zu den Menschen machen«, das wollte Arthur Springfeld. »Ich dachte, unser Team könnte möglicherweise künftig mehr Menschen erreichen.«

Eigentlich bestehe das Vorbereitungsteam dieser Wortgottesdienst-Feiern aus fünf Verantwortlichen, »die sich regelmäßig mit viel Zeit und Leidenschaft einbringen, um alle zwei Wochen diese besonderen Wortgottesdienste zu gestalten«, sagt Diakon Springfeld. Bislang habe die Erfahrung gezeigt, dass nur wenige Besucher dieses Angebot annehmen.

So stand im Vordergrund seines Gottesdienstes die Motivation der Menschen, selbst aktiv zu werden. »Viele Menschen haben nicht einmal das Nötigste, um jeden Tag unbelastet leben zu können. Schenke uns die Kraft, mit unseren Möglichkeiten, die wir haben, unsere Ressourcen zu teilen«, betete er. »Auch wenn die Kirchen immer leerer werden, sind wir nicht die letzten Zeugen eines sterblichen, christlichen Abendlandes, sondern Pioniere, die Gründer Gottes neuer Welt. So, wie er sie immer schon haben wollte.« Jeder habe die Möglichkeit, sich jeden Tag auf seine persönlich Weise einzubringen.

Die Besucher des Wortgottesdienstes zeigten sich zum Abschluss begeistert. »Der Gottesdienst war sehr bereichernd. Mir wurde eben klar, dass Gott überall ist, egal ob im Supermarkt oder im Kuhstall. Genau dessen müssen wir uns wieder bewusst werden«, sagt Besucherin Maria Klenke.

Auch wenn die Menschen auf dem Weg in den Supermarkt nicht alle Platz nehmen und beten, teilweise auch »nichts mit Gott anfangen« können, oder sich der Kirche abgewandt haben, nehmen sie Rücksicht. Sie respektieren den Wortgottesdienst nicht nur mit Achtsamkeit, sondern gehen bewusst leise, unterbrechen ihre Gespräche oder flüstern und schauen sich neugierig um, was passiert. Manche bleiben auch kurz stehen, lauschen den Worten Springfelds von Weitem, oder der Musik am Keyboard.

Bei seiner Anfrage an die Stadt hatte sich diese in ihrer Funktion als Verler Immobilien und Wirtschafts-Förderungs GmbH, Eigentümer des Supermarktes, sofort offen für Springfelds Idee gezeigt. »Wir werden auch künftig dafür offen sein, wenn weitere Wortgottesdienste in städtischen Einrichtungen stattfinden sollen«, sagt Heribert Schönauer, Erster Beigeordneter der Stadt.

Kaum war der Wortgottesdienst beendet, der Applaus verhallt, kündigt Diakon Arthur Springfeld an, dass er sich Wortgottesdienste auch in einem Feuerwehrhaus, in einem Unternehmen oder auf einem Bauernhof vorstellen könnte.

 

 

Berg der Hoffnung in Verl-Sürenheide

Di., 23.10.2018

Idee des Diakons Arthur Springfeld kommt in der Sürenheider Gemeinde sehr gut an 120 Kreuze als Zeichen der Hoffnung

Zieht die Blicke auf sich: der sogenannte »Berg der Hoffnung« vor der katholischen Pfarrkirche St. Judas Thaddäus im Verler Ortsteil Sürenheide. Diakon Arthur Springfeld, der die Idee hatte, steht stolz vor den mittlerweile 120 Kreuzen.

Zieht die Blicke auf sich: der sogenannte »Berg der Hoffnung« vor der katholischen Pfarrkirche St. Judas Thaddäus im Verler Ortsteil Sürenheide. Diakon Arthur Springfeld, der die Idee hatte, steht stolz vor den mittlerweile 120 Kreuzen. Foto: Jan-Hermann Ruthmann

Verl-Sürenheide (WB). »Was ist das denn?« fragt sich mancher Autofahrer, der an der Pfarrkirche St. Judas Thaddäus in Sürenheide vorbei kommt. Sicherlich wird er nicht zum ersten Mal ein Gotteshaus sehen. Doch diese vielen Kreuze könnten ihn stutzig machen. Seit August gibt es dort den »Berg der Hoffnung«. Er ist eine Idee des Diakons Arthur Springfeld.

Früher hing oder stand in jedem Raum eines Wohnhauses ein Kreuz. Vor ihm wurde gebetet; den Sterbenden gab es Trost und Hoffnung in der letzten Stunde. Diese Zeiten sind längst vorbei und die vielen Kreuze finden keinen Platz mehr in der heutigen Zeit. Hier kam Arthur Springfeld die Idee, Kreuze zu sammeln und sie gemeinsam aufzuhängen. „Wir fügen fast jede Woche weitere Exemplare hinzu.“

Im Vorfeld des Pfarrfestes Ende August hatte er eingeladen, nicht mehr benötigte Kreuze im Vorraum der Kirche abzulegen. Die Idee wurde sehr gut angenommen. Bereits beim Pfarrfest hingen 25 Kreuze am »Berg der Hoffnung«. Knapp einen Monat später sind es bereits etwa 120. »Wir fügen fast jede Woche weitere Exemplare hinzu«, erzählt er stolz.

Helfer in besonders schweren Situationen

Der heilige Judas Thaddäus gilt als Helfer in besonders schweren Situationen. Gerade deshalb werden vermehrt Bitt- und Sterbekreuze aufgehängt. Die Reaktionen aus der Gemeinde sind meistens positiv. »Natürlich standen schon Leute davor, die meinten, dass es eine Verschwendung sei, diese schönen Kreuze bei Wind und Wetter draußen stehen zu lassen. Weil wir aber immer wieder neue und schöne hinzufügen, erlischt der Glanz dieses Ortes nie«, sagt er. »Einige Gläubige sprachen mich an und fragten ernsthaft, ob sie sich nicht ein schönes Kreuz wieder abhängen könnten, sie würden dann ein anderes an den Platz hängen. Ich konnte ihnen nur sagen, dass diese Kreuze, die da jetzt hängen, bewusst gespendet wurden. Und deshalb bleiben sie da auch.«

Der »Berg der Hoffnung« hat einen großen Bruder: Er ist etwa zehn Meter hoch, steht in Lettland in der Nähe der Stadt Šiauliai und zählt etwa eine Million Kreuze. Die Entstehung ist unklar, aber im Laufe der Jahre hat er sich zu einem Wallfahrtsort entwickelt. »Das ist ein ganz besonderer Ort«, schwärmt Arthur Springfeld, der selbst schon einmal da gewesen ist. Alle paar Jahre werden nicht mehr schön aussehende Kreuze entfernt und durch neue ersetzt.

Platz wird wohl nicht ausreichen

Springfeld ist fest davon überzeugt, dass der Platz in Sürenheide nicht ausreichen wird. »Hoffentlich müssen wir uns in einigen Jahren nach einer Alternative umsehen«, meint er. In nächster Zeit möchte er bereits die eine oder andere Andacht am »Berg der Hoffnung« zelebrieren. Auf die Frage, ob die Kreuze nicht von Vandalen zerstört werden können, schüttelt er den Kopf: »Ich glaube an das Gute im Menschen und daran, dass die Leute genug Respekt vor diesem Ort haben werden.«

Wer ein gut erhaltenes Kreuz besitzt, kann es gerne im Vorraum der Kirche ablegen. »Wir freuen uns darüber, damit sich die Hoffnung unserer Vorfahren mit unseren Gebeten verbünden kann und wir kraftvoll in eine gute, gottgesegnete Zukunft gehen können.«

 

Begrüßung zur Flüchtlingsdemo (8.7.18)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Gäste aus vielen Ländern dieser Erde hier auf dem Delphosplatz, in Verl.

Diesen Platz, der erst vor wenigen Tagen offiziell so benannt wurde, gäbe es nicht, wenn nicht vor gut 150 Jahren viele Hundert aus Verl und Umgebung und zigtausende aus Deutschland nach Amerika geflüchtet wären um Hunger, Armut und Tod zu entgehen. Dankbar wurden sie dort aufgenommen und haben das heutige Amerika stark geprägt.

Vielen von Ihnen geht es sicher so wie mir, dass die Vorkommnisse der letzten Tage und Wochen im verbalen und praktischen Umgang mit Flüchtlingen, einem die Tränen in die Augen treiben und die Wut die Stirn kraust.

Allein in diesem Jahr sind etwa 1.400 Menschen – Männer, Frauen und Kinder – elendig im Mittelmeer abgesoffen. Politiker reden von Lagern – Ankerzentren – Transitzentren – Transferzentren – stunden und tagelang und bei den nachweislich wenigen gewalttätigen Flüchtlingen, werden alle andern von vielen über einen Kamm geschoren.

Da werden Rettungsschiffe, voll mit geflüchteten Erwachsenen und vielen Kindern nicht an Land gelassen und wenn doch wird der Kapitän angeklagt, zu viele Menschen an Bord zu haben.

Da werden Flugzeuge am Boden festgehalten, damit sie keine Schiffbrüchigen mehr aufspüren können – der Tod wird einfach billigend in Kauf genommen.

Einzelne Länder – eigentlich zivilisierte und christlich geprägte Länder – nehmen gar keine Flüchtlinge auf, weil sie ethnisch nicht zum Land gehören.

Da wird über Lager in Nordafrika gesprochen – hunderte von geflüchteten Menschen, besonders Frauen, können nicht mehr lächeln oder schlafen, nach ihren Erlebnissen dort.

Da werden Menschen nach Jahren in Deutschland mit großem Polizeieinsatz mitten in der Nacht aus der Wohnung geholt, gefesselt und in Abschiebehaft genommen, obwohl die Länder über die sie gekommen sind, sie nicht aufnehmen.

Da werden Familien mit Kindern, die nur noch Deutsch sprechen können in das Kriegsgebiet von Afghanistan zurückgebracht.

Natürlich sind viele Menschen, die zu uns gekommen sind, nicht alle verfolgt und von Krieg, Terror bedroht, aber wie die Deutschen vor 150 Jahren nach Amerika geflüchtet sind, weil keine Arbeit, kein Brot für die Kinder und keine Zukunft für die Menschen  da war, verlassen viele ihr Land um über tausende von Kilometern eine Chance für sich, ihre Familie und ihre Kinder zu haben.
Denn zu Hause gibt es diese Chance nicht mehr, nachdem wir in vielen Fällen mit billigen Massenprodukten das Land überschwemmen oder Europa oder China ihr Land industriell nutzen und für wenig Geld die Erträge nach Deutschland und Europa holen.

Kein Einzelner und kein Land kann die ganze Welt retten, aber wir können ein Beispiel geben, ein kleines Beispiel nur, aber dieses kann Kreise ziehen, kann anstecken, kann andere motivieren, zu helfen und vielleicht auch das eigene Konsumverhalten zu überdenken.

Hier in Verl, auch in den Nachbargemeinden gibt es viele Gruppen und Organisationen, die sich stark und liebevoll in die Hilfe für Flüchtlinge einbringen.
Viele Einzelpersonen haben Patenschaften für Familien übernommen. Freundschaften in Vereinen, in den Schulen und an den Arbeitsplätzen entstehen – und die deutsche Sprache macht mit den meisten eine ordentliche Kommunikation möglich.

Hilfen durch Angebote von Turn- und Sportvereinen ermöglichen den Menschen die Traumata der Flucht abzuschwächen.
Günstige Lebensmittel durch Tafel und Warenkorb erleichtern das Auskommen mit dem oft wenigen Geld.

Respekt auch vor manchen Verler Unternehmen, die Flüchtlinge beschäftigen, obwohl die Deutschkenntnisse noch verbesserungsfähig sind.

Sprach Cafés und die Mitarbeiter von „Grenzenlos“ leisten täglich jede nur denkbare Unterstützung für alle die Hilfe brauchen.

Gerne weise ich hier noch auf das interkulturelle Sommerfest am kommenden Freitagnachmittag hin, dass vor dem „Grenzenlos“ stattfinden soll. Wäre schön, wenn viele kommen.

Die Stadt Verl hat gerade in der Hochsaison der Flüchtlingsströme Großartiges geleistet, jetzt aber muss die Zeit folgen, in der Integration, Wohnraumbeschaffung und Arbeitsplätze in Angriff genommen werden müssen.

Die Situation der Flüchtlinge ist in vielen Ländern – Nordafrika, Mali, Amerika, Myanmar, Syrien und Irak sicher noch katastrophaler, aber das kann nicht unsere Messlatte sein.

Viele Helferinnen und Helfer, die sich teils rund um die Uhr für unsere Flüchtlinge engagieren, stöhnen oft unter der Last der Bürokratie, aber mehrheitlich bestätigen alle, dass ihr Einsatzgut  tut, bekommt man doch meistens mehr zurück, als man investiert.
Wir hier in Verl sind auf einem guten Weg.
Dadurch, dass Sie alle gekommen sind, geben wir ein starkes Signal, dass wir weiterhelfen wollen, dass die Menschen und Familien mit Bleiberecht hier bei uns ein Stück Heimat und Geborgenheit und vielleicht auch Nächstenliebe finden können.

Ich danke Ihnen im Namen aller Menschen, die zu uns gekommen sind.

Es wäre schön, wenn Sie die Zeit, in der sie hier ein Beispiel geben auch dazu nutzen, mit unseren Gästen ins Gespräch zu kommen, um vielleicht ein bisschen mehr zu erfahren und zu verstehen, warum sie zu uns gekommen sind.

Gleich würde ich gerne mit ihnen den schönen Text „Hoffnung schenken“ von den verteilten Zetteln gemeinsam lesen.

Und egal welchen Namen wir unserm Gott gegeben haben, es ist der Vater für uns alle im Himmel, darum beten wir anschließend mit allen die möchten das „Vater Unser“ und wenn sie dabei die Hand ihres Nächsten finden, wäre das toll.

Nochmals „Danke“ für ihr Kommen!

Danke der Polizei, die auf uns aufpasst und allen, die mit dieser Veranstaltung Arbeit hatten.

Ihnen anschließend noch einen sommerlichen Abend und wir sehen uns spätestens beim interkulturellen Sommerfest.

(ca. 80 Personen sind gekommen, darunter ca. 20 Flüchtlinge. Selber habe ich eine böse Mail bekommen. Der Beitrag auf Facebook wurde nach 6 Stunden gelöscht, da zig Hassmails eingegangen waren)

 

 

Weihnachtsbrief 2016 (Zeitung)

An die Weihnachtssterne,

sieht schon toll aus, wie ihr leuchtet und unsere Stadt in festliche Stimmung bringt. Natürlich strahlt ihr am schönsten, wenn es dunkel ist. Das tut richtig gut. Ich weiß nicht, wie viele Birnen zu einem Stern gehören, aber erst wenn alle brennen, wird die ganze Pracht deutlich. Die richtigen Sterne, eine viel größere Anzahl, kann man bei uns in Verl oft nicht sehen, weil sie hinter Wolken versteckt sind und dennoch sind sie da und leuchten das ganze Jahr – nicht nur zu Weihnachten.

Dieser Vergleich ist mir eingefallen zu den vielen, sehr vielen Menschen in Verl, die nicht im Zentrum, sondern oft in den entlegensten Teilen der Stadt die Herzen der Menschen und die Augen der Kinder zum Strahlen bringen.

Im Rahmen meines Engagements für die Flüchtlinge haben viele Frauen, Männer und Jugendliche, Vereine und Organisationen ihre Hilfe angeboten und eingebracht.

Ursprünglich wollte ich ihnen zu Weihnachten „Danke“ sagen in einem Brief. Aber meine Adressenliste wurde immer länger und manche Namen wusste ich gar nicht, nur die helfenden Gesichter. Und je länger ich darüber nachdachte, fielen mir immer neu Situationen, Orte und Begebenheiten ein, wo Menschen einfach da waren, ungefragt, unbezahlt und sich ganz liebevoll eingebracht haben, selbst an den Regalen und Kassen im Supermarkt. Und viele Hilfen waren auch nur mit Geld möglich. Sprachkurse, Bustickets, dringend benötigte Gegenstände für Neugeborene, hier ein Tornister und dort ein Fernsehgerät oder Fahrrad und vieles mehr mussten organisiert und finanziert werden. Und das Geld kam, gespendet von Firmen, von Einzelpersonen, von Kirchen und manchmal auch aus Zuwendungen zum Geburtstag oder zu Beerdigungen. Das Geld, das alle Helferinnen und Helfer still investiert haben, gar nicht gerechnet.

Natürlich sind die Sterne schön in den Straßen, aber das wirkliche Leuchten in dieser Stadt entsteht durch Menschen, die mit offenen Augen und offenem Herzen die Not, die Verzweiflung und Angst sehen und nach bestem Wissen und Können einfach anpacken und helfen. Sie haben erkannt, dass das Leben einen tiefen Sinn erhält, wenn man etwas von der eigenen Wärme und Liebe abgibt, etwas von der eigenen Freude, der eigenen Zeit, vom eigenen Lachen und manchmal auch die Traurigkeit miteinander teilt. Wer sich so verschenkt und andere froh macht wird reicher und in vielen Situationen spürt man, dass man sich bei dem bedanken muss, dem man Gutes tut. Bei Überlastung oder Frust wird eine Birne auch manchmal dunkler, hier wünsche ich, dass nach Erholungsphasen die Leuchtkraft zurückkehrt.

Ich werde all den vielen Menschen in Verl doch keinen Brief zu Weihnachten schreiben, ich würde die nicht erreichen, deren Licht nur die sehen, denen es leuchtet. Mir steht es auch überhaupt nicht zu – in welchem Auftrag auch – an dieser Stelle zu danken. Aber ich freue mich einfach über so viel Einsatz und dank dieser Menschen lebe ich gerne in Verl, einer schönen Stadt mit vielen leuchtenden Sternen. Arthur Springfeld

Nein, diese Eltern ! (Barmherziger Vater)

 

FIRMUNG am 27. Mai 2000

St. Judas Thaddäus

Verl – Sürenheide


 

 

Nein, diese Eltern !

 

„Oh, Gott, nerven mich diese Eltern. Was dieses blöde Gemecker, nur weil ich ein paar mal die Haus-aufgaben nicht gemacht habe. Na klar habe ich im Unterricht gequatscht, aber muss deswegen der blöde Lehrer gleich bei meinen Eltern anrufen? Die spinnen alle, wenn ich wollte, wäre ich der Beste in der Klasse! Aber bin ich denn ein Streber? Und überhaupt: lernen, bin ich denn bescheuert, dazu habe ich doch wirklich keine Lust und auch keine Zeit. Mit Freunden ausgehen, Mädchen aufreißen, Computer spielen, Partys und Feten, das ist das richtige Leben, da kommt Freude auf, das heißt Erwachsen werden.

Mir können die Alten doch nichts vormachen. Dass sie selber früher, wie viele Jahre mag das her sein, voller Disziplin und Ehrgeiz steckten, wer will das glauben. Und überhaupt – hochkommen, was werden, das kann man auch anders. Na ja, man vielleicht nicht, aber ich jedenfalls.

Was wollen die überhaupt von mir? Ich soll mich zusammenreißen, meine Chance wahrnehmen? Ich nehme doch meine Chance wahr und lebe mein Leben, frei, ohne Zwänge und Druck..

Verantwortung soll ich übernehmen? Für mich selbst? Aber das tue ich doch, ich lebe doch in meiner eigenen Verantwortung. Ich verantworte was ich mache ……. und das ist auch gut so.

Und jetzt fangen die auch noch von meinen Freunden an, auf die achten soll ich, mir andere bessere Freunde suchen. Meine Freunde sind super. Die sind zwar älter als ich, aber die akzeptieren mich, die nehmen mich überall mit hin, meine Freunde sind O.K. Und außerdem, meine Eltern haben doch sowieso keine Ahnung vom richtigen Leben. So eine Scheiß Schule wie heute, haben die nie erlebt und Discos gab es früher auch nicht und so richtig coole Typen haben die nie kennen gelernt. Und so vierzehn, fünfzehn, sechszehn, das ist ne richtig heiße Zeit. Ich könnte glücklich sein, wenn die Eltern nicht immer so einen Scheiß redeten.“

Martin ging so vieles durch den Kopf, als er sich die Strafpredigt anhörte. Von den ganzen „guten Vorschlägen“ seiner Eltern, wie er sein Leben verbessern könnte, wollte er gar nicht hören. Martin dachte nur daran, wie er diesem elenden Druck endlich aus dem Weg gehen könnte, er hatte die Nase voll.

Seine Freunde hatten ihm schon angeboten, er könne bei ihnen wohnen. „Gar keine schlechte Idee für den Anfang“, dachte Martin.

In der nächsten Nacht packte er seine paar Sachen zusammen, nahm das wenige Geld das er hatte und die achtzig Mark aus Mutters Portemonnaie und zog bei seinen Freunden ein.

„Okay, es ist nur ne alte Matratze“, dachte er, „doch weg von den Eltern, ist zuerst das Wichtigste!“ Mit dem Geld komme ich erst mal ein schönes Stück weiter“.

In der ersten Nacht ging es richtig rund. Party ohne Ende, Spitzenmusik, Mädchen, tanzen und was die für Sorten Alkohol hatten! Zum ersten Mal war Martin richtig betrunken. Sein Kopf dröhnte und brummte, alles schien sich zu drehen, er selbst und das ganze Umfeld. Doch Martin war glücklich. Das genau war’s. Und so ging es weiter – Nacht um Nacht.. Tagsüber wurde geschlafen, manchmal auch ein bisschen Geld verdient mit Jobs, die so anfielen, nicht schwer – Holz stapeln, irgendwo die Straße fegen, Möbel tragen, was halt so anfiel.

In der einen Nacht brachte sein bester Freund dann auch Hasch mit. An diese Nacht kann Martin sich besonders gut erinnern. Das waren vielleicht Farben, die auf einen zukamen, alles war so hell und man konnte fast schweben. Da war eine Harmonie ohne Probleme und Zoff – alles war so weit weg und doch so wunderschön. „Alle scheinen mich hier gern zu haben, überall ist Sonnenschein“, dachte Martin.

Diese Nacht war für Martin ein tiefgreifendes Erlebnis, super, das könnte sein Leben werden. Immer wieder wollte Martin dieses tolle Gefühl bekommen, doch ……… Hasch, Drogen, Alkohol, das kostet Geld und nicht zu wenig.

Doch Martin hatte ja Freunde und seine Freunde hatten Ideen. Da gab es doch diesen kleinen Elektroladen vor der Stadt – ohne Alarmanlage, keiner im Haus.

Es war kein Problem, für die nächsten Wochen reichte das Geld und viele heiße und entspannende Nächte folgten.

Und so zogen auch die Monate ins Land. Martin war glücklich, das könnte sein Leben sein.

Wieder wurde Geld gebraucht, einer kannte einen kleinen Goldschmiedeladen in einem kleinen Dorf, keine Alarmanlage und viel zu holen.

Man hatte sich getäuscht, es gab eine Alarmanlage und ruck zuck war die Polizei da. Martin schaffte es nicht mehr. Er wurde gepackt – nein, war das peinlich.

Einbruch, Diebstahl, Raub – das war die Anklage. Man ging mit ihm um, wie mit einem Schwerverbrecher, und was die ihm noch alles anhängen wollten.

Alleine in der Zelle, die Freunde weg, kein Hasch, kein Alkohol. Auch seine Freunde wurden gepackt – alle „guten Freunde“ beschuldigten ihn, er, Martin hatte die Ideen gehabt, er war der Täter. Keiner entlastete ihn, keiner half ihm und er hatte kein Geld für einen Anwalt.

Warum sollte er eigentlich schuldig sein? Er war doch nur mitgegangen?! Alle hatten doch mitgemacht? Hatten sie nicht Spaß gehabt dabei, Spaß ohne Ende?

Und nun? Wie geht’s weiter? Was kommt danach?

Nach einigen Tagen Untersuchungshaft war Martins Kopf wieder klar. Er konnte frei denken, aber er wusste nicht weiter. Wer könnte ihm helfen? Wer würde ihm nach all dem Mist noch beistehen?

Martin dachte an seine Eltern. Zwei Jahre hatte er sie nun nicht gesehen. gemeldet hatte er sich auch nicht. Er war es ja alles so leid gewesen. Hatte nicht Vater mal gesagt „Was immer auch passiert, in welcher Scheiße du auch steckst, komm nach Hause, wir helfen dir“? Jedenfalls war das so ähnlich, fiel ihm ein. „Ob das auch gilt, wenn ich im Gefängnis sitze?“

„Besser war es zuhause allemal als hier, so schlecht war das zuhause überhaupt eigentlich nicht“, dachte Martin. „Manchmal hatten die Eltern doch recht, zumindest ein wenig.“ „Meine Chancen waren damals eigentlich doch ganz gut, ich hätte auch andere Wege gehen können, ich hätte der Beste sein können!“ Warum habe ich mich eigentlich darauf eingelassen auf diesen Mist?“ „Was wohl meine Eltern von mir denken, ob sie überhaupt noch an mich denken?“ „Wenn ich doch manches anders gemacht hätte. Freunde waren das doch nicht, mit denen ich zusammen war. Nein, das machen Freunde nicht, die wollten nur mein Geld. Vorgeschoben haben die mich, und jetzt sitze ich hier. Warum habe ich das eigentlich nicht gesehen, das hätte man doch erkennen müssen – immer dieser dicke Kopf – Scheiß Hasch!“

„Das Leben wollte ich erleben, und nun sitze ich hier, ich Martin im Knast!“

„Was soll ich nur tun? Mir tut es so leid, richtiger Mist, den ich da gemacht habe. Meine Eltern müssen stinksauer sein, die Polizei war sicher schon da. Was hat Vater damals gesagt? Vielleicht steht er ja wirklich dazu!?

Wenn ich jetzt schreibe, ob sie mir wohl einen Anwalt besorgen, einen guten? Eigentlich sind meine Eltern ganz brauchbar. Ich glaube Mutter und Vater werden mir verzeihen, ganz bestimmt, haben sie doch immer gesagt. Manchmal hat Vater sich damals sogar bei mir entschuldigt nachdem er ausrastete. Muss für ihn ganz schön schwer gewesen sein. Gott war ich manchmal blöd. Was kann ich von meinen Eltern denn jetzt noch erwarten?

Ganz schön schwer fiel es Martin, als er den Brief nach Hause schickte. Einen ganzen Tag hatte er gebraucht um die richtigen Worte zu finden. Er schwankte zwischen Hoffnung und Verzweiflung.

Drei Tage später wurde er in das Besuchszimmer geführt. Besuch wäre da. Wer könnte das sein? Seine alten Freunde – oder wer sonst?

Die Tränen schossen ihm in die Augen als er die Tür öffnete. Mutter war da und hinter ihr, still aber ganz versöhnlich ausblickend, sein Vater.

„Schön dich zu sehen“, sagte Mutter während Vater ihm leicht über die Haare strich.

„Jetzt sind wir da“, sagte Vater und klopfte ihm auf die Schultern. „Wir helfen dir hier erst mal raus“.

Martin war platt, er war ganz erstaunt und verblüfft und erfreut, soviel Freundlichkeit hatte er überhaupt nicht erwartet, nach all dem was geschehen war. Ein Anwalt, schon das wäre ein Geschenk gewesen.

Noch Wochen später, Martin hatte noch mal Bewährung bekommen, die Gedanken gingen ihm nicht aus dem Kopf. „Warum haben meine Eltern das nur getan? Warum haben die so wenig gesagt, nach all dem was geschehen ist? Ich glaube, die mögen mich, trotz allem“.

Vaspri