09.12.07 „Spring in den Ölbach!“

Wort zum Sonntag 8./9.12.2007 „Spring in den Ölbach!“

Wenn ich nicht mehr träumen kann, bin ich tot. Ich brauche das. Nicht die Träume nachts, die ich nicht steuern kann, nein, da liegst du im Bett, kuschelig warm, die Augen zu und du kannst es förmlich spüren und sehen. Wunderbares Wetter, eine riesige Blumenwiese und du liegst mitten drin. Und plötzlich steht sie da, eine wunderbare Gestalt, grazienhaft, wunderschön anzusehen – natürlich nicht meine Frau – so schön wie im Traum kann nur ein wirklicher Engel sein! Und dann diese Stimme traumhaft zart, fast erotisch, und der Engel sagt dann zu dir: „Steh auf, spring in den Ölbach!“ Und urplötzlich bist du hellwach. „So ein blöder Traum!“ Und du tust dann alles, nur nicht in den Ölbach springen.

Ok, ich hab’s ja begriffen: Manchmal sind Träume auch Schäume. Manchmal gehen Träume auch an der Realität vorbei, wir sehen es diese Woche bei den vielen Lottospielern. Wahrscheinlich bin ich nicht der Einzige der nicht verstehen kann, warum der gute Zimmermann Josef eine schwangere Frau zu sich nimmt, nur weil er das geträumt hat, auch wenn es ein Engel gesagt hat. Warum flieht er später mit seiner Familie nach Ägypten, nur weil er schon wieder geträumt hat? Es hat ja damals schon Traumdeuter gegeben, aber die Verlässlichkeit und Sicherheit ist doch eher gering.

Und dann sagt der Engel auch noch zu Josef: „Fürchte dich nicht!“ „Trau Dich!“ Die Frau die man liebt, bekommt ein Kind, wer weiß wirklich von wem und du sollst dir keine Sorgen und keine weiteren Gedanken machen? In der Haut Josefs möchte ich wirklich nicht stecken, andere werden ganz schön gegrinst haben. Muss ja furchtbar für den Mann gewesen sein. Und alles was danach laut Schrift passiert, tut Josef ohne Murren, er traut sich, einfach folgerichtig und wie gewünscht. Ich könnte glauben, Josef hat damals vielleicht doch „Ja, aber“ oder „Warum“ gedacht, es wäre nur menschlich, aber die Bibel sagt es anders. Dieser Mann lässt einfach zu, dass sein ganzes Leben, seine anderen Träume über seine Zukunft, auf einmal umgekrempelt werden, dass alles anders wird als vorgestellt und geplant. Der Engel wird ihm nicht mehr erklärt haben und Gott wird ihm keine geheime Offenbarung gegeben haben. Ein wahrer Schicksalsschlag für Josef, dessen Leben von jetzt auf gleich aus den Bahnen geworfen wird, Dinge, die vor Sekunden noch von Bedeutung waren, zum Unwichtigsten der Welt werden. Warum tut Josef das? Warum sagt er zunächst einfach JA, ganz gottergeben zunächst einfach JA. Eine oder zwei Ideen hätte ich dazu. Dieser Josef muss einen ungeheuren großen und unerschütterlichen Glauben gehabt haben. Einen Glauben nämlich, dass Gott in seinem Leben am Werk ist, dass Gott Dinge tut, die ich als Mensch schon lange nicht mehr verstehe. Es kann nur wirkliches Gottvertrauen sein, wenn alles was mir lieb und teuer ist, den Bach runter geht, wenn Andere sich über mich ihr Maul zerreißen und alles über mir zusammenstürzt und ich dennoch an meinem Gott und meiner Frau festhalte. Und, dieser Josef muss seine Maria unheimlich geliebt haben. Nur so kann es gewesen sein, vorbehaltlos, ohne Einschränkungen, in guten und in schlechten Zeiten, ohne wenn und aber, muss er seine Frau geliebt haben. Josef war doch kein Träumer, kein Spinner und schon lange kein Trottel, er hat geglaubt und geliebt, er hat vertraut, ein toller Mann. Eine kleine Scheibe würde ich mir da gerne abschneiden. Diese Treue und Zuversicht könnte ich manchmal auch gebrauchen, wenn ich in die Augen des Partners, der Kinder oder der Freunde schaue und wieder einmal das Eine oder das Andere nicht verstehen kann. Mit der Liebe und dem Gottvertrauen von Josef könnten manche Abgründe nicht nur überwunden, sondern gemeistert werden. Wie schlägt doch das Schicksal in manchen Familien bös zu! Danach ist nichts mehr wie es war. Alles ist kaputt, alles am Boden zerstört und dann wie Josef zu spüren: Auch hier ist Gott in meinem Leben am Werk. Ich sehe nichts und spüre nichts, aber ich weiß, Gott ist an meiner Seite. Es wird wieder gut.

Ob es Gottes Stimme ist, oder die eines Engels, die ich in meinen Träumen manchmal höre, ich weiß es nicht. Wichtig ist eigentlich nur, dass in mir und mit mir etwas passiert. Dass ich mein Denken und meine Gefühle noch einmal überdenke und mein Leben, meine Planungen und meine Zukunft in einem anderen Licht sehe.

Wäre damals Josef nicht gewesen, vielleicht würde es Weihnachten nicht geben. Sein Vertrauen, sein Glaube und seine Liebe haben Weihnachten erst möglich gemacht. Ein bisschen davon, wenigstens ein winziges Stück das wünsche ich mir und uns allen, ganz besonders in dieser Advents- und Weihnachtszeit. Manchmal muss man in den Ölbach springen!

Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

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