10.06.12 „Sakrament des Zigarettenstummels“

Wort zum Sonntag 9./10.06.2012 „Sakrament des Zigarettenstummels“

Glauben Sie an ein Sakrament des Zigarettenstummels? Vielleicht lesen sie erst mal weiter! Leonardo Boff, katholischer Priester aus Brasilien, nach Differenzen mit dem Vatikan mit einem Lehrverbot belegt, hat dann leider Anfang der 90iger resigniert und sich laisieren lassen. Auch seine Ausführungen über das Sakrament des Zigarettenstummels haben mich schon lange im Glauben getroffen und tief beeindruckt.

Eines Tages bekommt er von seiner Familie einen Brief mit einem Zigarettenstummel drin. In dem Brief steht, dass sein Vater plötzlich gestorben ist. Seine Geschwister schicken ihm nun den Stummel der letzten Zigarette, die sein Vater kurz vor seinem Tod geraucht hat. Über Tausende von Kilometern bekommt er etwas, das mehr ist als ein Ding und auch mehr ist als ein Souvenir. In dieser letzten Zigarette wird für Leonardo Boff sein Vater gegenwärtig, ihm ganz nahe. Und er findet dafür das Wort Sakrament. Mich berührt diese Geschichte. Auch ich habe Dinge, in denen mir geliebte Menschen über ihren Tod hinaus sehr nahe sind. Von meinem Vater einen Christophorus, für mein erstes Auto geschenkt und eine kaputte Aluminiumschüssel aus seiner Werkstatt in der krumme Nägel lagen, die im Winter gerade geklopft wurden. Von meiner Mutter selbstgestrickte „Plüschfiguren“ und gemeinsame Bilder mit meinem verstorbenen besten Freund. Boffs Zigarettenstummel hilft mir diese Dinge zu würdigen und die Nähe zu diesen Menschen auch zu spüren. Sie hilft mir auch, die kirchlichen Sakramente zu verstehen. Natürlich ist der Christophorus oder das Plüschtier was anderes als die Eucharistie, das Abendmahl. Das lässt sich nicht vergleichen.

„Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist“, sagt Jesus im Evangelium. „Wer von diesem Brot isst, wird leben in Ewigkeit“ Und wenn Christen das Brot brechen, dann denken wir an die Gemeinschaft mit ihm und an seinen gewaltsamen Tod. Nach den biblischen Texten hat er selbst uns das Zeichen des Brotes, das Zeichen des Mahles hinterlassen und zugesagt, dass er darin da ist, sich uns Menschen immer wieder verbindet. Durch Leonardo Boffs Zigarettenstummel habe ich besser verstanden, dass in so einem Zeichen ein Mensch tatsächlich gegenwärtig sein kann. Besser erklären kann ich das nicht, aber ich denke, es lässt sich erfahren und ich glaube daran.

Von diesen Gedanken her sehe ich auch einen Zugang zum Fronleichnamsfest vom Donnerstag zu seinen Riten und Bräuchen, auch wenn das segensreiche Wetter für alle Landbesitzer uns einen Strich durch die traditionelle Prozession gemacht hat. Seit Jahrhunderten wird der Leib Christi, dieses Zeichen des Todes und der Liebe Jesu, durch unsere Orte und Landschaften getragen. Dieses Zeichen zeigen, es ehren, damit hinausgehen aus den festen Bauten der Kirchen – das drückt Glauben aus, damit laden Christen andere Menschen ein und zeigen, diese unsere Welt ist nicht gottlos. Gott ist da, ist Nähe und Hilfe, ist Nahrung, ist Leben für alle Menschen.

Hoffentlich können wir im kommenden Jahr wieder gemeinsam, vielleicht auch mal mit unseren evangelischen Freunden – wie es anderen Orts schon üblich ist – mit Gott singend und betend durch die Straßen von Verl ziehen.

Ihnen und Ihren Familien einen gesegneten Sonntag. Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

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