Alternativer Kreuzweg – FLÜCHTLINGE – 2016

Alternativer Kreuzweg – FLÜCHTLINGE –

11. März 2016 St. Judas Thaddäus Verl-Sürenheide

(nach jeder Station singen wir zur Bekräftigung dreimal den Gospelhymnus: Amen, Amen ….)

LIED: 422 Ich steh vor Dir mit leeren Händen Herr

Begrüßung: Liebe Mitbeter hier in der Kirche, die dem Apostel Judas Thaddäus geweiht ist. Er, der Patron für besonders aussichtslose Fälle, kann uns beim Beten des Kreuzwegs sicher helfen, den Segen dieser Tat unseres Heilandes Jesus Christus noch besser zu verstehen und uns die Kraft geben, mit den not-wendigen Ideen unsere „leeren Hände“ zu füllen und durch unser Tun, die Welt in der wir leben ein wenig schöner, ein wenig heller, ein wenig wärmer zu machen. Mit Gottes Hilfe wird uns das gelingen, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

I. Station: Maria und Josef fliehen mit Jesus nach Ägypten

Bei Matthäus heißt es: Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten; bleibe dort, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten. Da stand Josef in der Nacht auf und floh mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. Dort
blieb er bis zum Tod des Herodes. Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.

GEDANKEN: Wenn wir unsere Augen öffnen und diese Geschichte mit dem in Verbindung bringen, was um uns herum in unserer Welt geschieht, stellen wir fest, dass die Flucht der Hl. Familie nach Ägypten nicht einfach ein schönes Bild in unserer Wohnung oder in unserer Kirche ist, sondern ein aktuelles und reales Bild all der Familien, die ihre Heimat verlassen müssen. Jesus, Maria und Josef sind wie Abertausende von Kindern, Müttern und Vätern, die ihr Land verlassen müssen, um zu überleben, das eigene Leben zu schützen oder bessere Lebensbedingungen zu finden. Die Hl. Familie ist die Flüchtlings- Einwandererfamilie, die wir in den Straßen unserer Stadt gesehen haben, die an unsere Tür geklopft und unsere Unterstützung, unser Verständnis gesucht hat.

Die Flucht nach Ägypten erinnert uns auch daran, dass die Mehrheit der Flüchtlinge und Ein-wanderer nicht ihr Land für die Ferien oder als Touristen verlassen, sondern sie müssen aus ihrer eigenen Heimat „fliehen“, weil ihnen die Umstände in denen sie leben keine Alternative lässt.

Wir beten gemeinsam: Jesus, in Begleitung deiner Eltern Maria und Josef lerntest du das Leid der Asylanten im Land deiner Verbannung Ägypten kennen. Wir bitten dich für die unzähligen Auswanderer- und
Flüchtlingskinder, die dir so gleichen. Lass ihre Eltern Arbeit, Brot und eine Wohnung finden. Lass sie überall erfahren, dass sie willkommen sind. Lass sie Menschen finden, die ihnen
hilfsbereit zur Seite stehen. Lass alle, die von woanders her zu uns kommen, in uns Schwestern und Brüder finden, die sie lieben, wie du sie liebst. Befreie sie, Jesus, von allen Gefahren für Seele und Leib. AMEN, Amen, Amen

II. Station: Jesus wird in der Wüste vom Teufel versucht

Bei Matthäus heißt es: Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden.

Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, bekam er Hunger. Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird. Er aber antwortete: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.

Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift:

Seinen Engeln befiehlt er, dich auf ihren Händen zu tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.

Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle

Reiche der Welt mit ihrer Pracht und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest. Da sagte Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn in der

Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. Darauf ließ der Teufel von ihm ab und es kamen Engel und dienten ihm.

GEDANKEN: Wie jeder andere Mensch wurde Jesus in seinem Leben auch Versuchungen ausgesetzt, die wir alle kennen und die wir in verschiedener Weise in unserem Leben umsetzen: der Egoismus, die Macht des Reichtums, das Unrecht, die Lüge…

Auf ihren langen Wegen und besonders am Zielort sehen sich die Einwanderer oder Flüchtlinge mit Situationen konfrontiert, die ihre Familie und sie selbst in Lebensgefahr bringen. Die Risiken denen sie gegenüberstehen sind viele: Diebstahl, Unfälle, Gewalt, Ausbeutung, Korruption, strenge klimatische Bedingungen, die Verachtung durch die Menschen, Fehlen von Verständnis und Gastfreundschaft ihnen gegenüber. Große Versuchungen für die Neuankömmlinge sind die Suche nach Geld und Erfolg, egal was es kostet, das sie ihre Pflicht gegenüber der Familie, ihrem Ursprung und ihren kulturellen Werten vergessen lässt. Jesus lehrt uns, dass es nur eine Möglichkeit gibt, diese Prüfungen zu bestehen: „Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.“ Nur im Hl. Geist finden wir die Kraft, die uns hilft, alle Hindernisse zu überwinden, die wir auf dem Weg in das verheißene Land finden.

Wir beten gemeinsam:

Guter Vater, schenke uns allen die Kraft, dass wir die kurzlebigen Versuchungen des Geldes, des Erfolges, der Verbitterung und der Hoffnungslosigkeit überwinden können, die uns hindern unseren Weg zu Deinem Reich fortzusetzen.

Führe uns alle, besonders aber alle Einwanderer und Flüchtlinge, auf dem Weg der Hoffnung und den wahren Werten des menschlichen Lebens. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn.

AMEN, Amen, Amen

III. Station: Jesus geht nach Galiläa, um dort zu leben

Bei Matthäus heißt es: Als Jesus hörte, dass man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, zog er sich nach Galiläa zurück. Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naftali. Denn es sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist: Das Land Sebulon und das Land Naftali, die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, das heidnische Galiläa: das Volk, das im Dunkel lebte, hat ein helles Licht gesehen; denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, ist ein Licht erschienen.

GEDANKEN: Galiläa war nicht nur eine Region am Rande Israels sondern galt auch als Land der Heiden, weil sich dort die jüdische Bevölkerung mit Völkern anderer Rassen und Regionen

vermischt hatten. So verstehen wir besser die prophetische Wahl Jesu mit jenen zu leben, die vermutlich keine eigene Identität besaßen, oder weil sie Mischlinge waren verachtet und als Leute 2. Klasse angesehen wurden. Ist die Lage der Galiläer nicht wie die der Einwanderer oder Flüchtlinge, die schon einige Zeit in einem Land gelebt haben? Oder deren Kinder dort geboren sind, aber sich weder in diesem noch in ihrem Ursprungsland zu Hause fühlen und deshalb auf beiden Seiten mit Verachtung bedacht werden? Die Entscheidung Jesu bei diesen Menschen zu bleiben offenbart uns einen Gott, der die falschen Konzepte der Perfektion der Rasse, der Nationalität, des sozialen oder wirtschaftlichen Status verwirft, weil alle, egal welcher Hautfarbe auch immer, seine Kinder sind, geschaffen nach seinem Ebenbild!

Wir beten gemeinsam:

Gott, Vater aller Völker, du hast dich in Jesus mit denen am Rand der Gesellschaft solidarisiert und zum Einwanderer unter Einwanderern gemacht. Hilf uns, dass auch wir uns mit den Leidenden identifizieren, mit denen, die durch die Gesellschaft an den Rand gedrängt wurden, mit denen die misstrauisch beäugt werden, weil sie anders sind, sowie mit den Migranten, auch wenn sie anders leben, weil sie aus einem anderen Land kommen, auch wenn sie anders reden, auch wenn sie andere Gesichtszüge und Charaktereigenschaften haben oder ihrer Haut eine andere Farbe als die unsere hat. Hilf uns eine menschlichere Welt aufzubauen, in der wir Schwestern und Brüder sind, Mitglieder der einen Menschenfamilie, die du geschaffen hast. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. AMEN, Amen, Amen

IV. Station: Jesus wird von Judas verraten

Bei Matthäus heißt es: Darauf ging einer der Zwölf namens Judas Iskariot zu den Hohenpriestern und sagte: Was wollt ihr mir geben, wenn ich euch Jesus ausliefere? Und sie zahlten ihm dreißig Silberstücke. Von da an suchte er nach einer Gelegenheit, ihn auszuliefern.

GEDANKEN: Jesus durchlebt hier tragische Momente. Es ist nicht so sehr der Verrat, der ihn so betroffen macht, sondern dass einer seiner engsten Vertrauten, den er berufen hatte, mit ihm seinen Auftrag und sein Leben zu teilen. Es ist einer seiner Jünger, der ihn jetzt an die Gegner verkauft. Es gibt nichts Grausameres und Bedrückenderes, als von Menschen verraten zu werden, denen man blind vertraut.

Wenn wir uns in Jesu Lage versetzen, werden wir seinen Schmerz und seine Enttäuschung spüren. Das ist die gleiche Trauer, der gleiche Schmerz, die gleiche Enttäuschung, die du spürst, wenn du hörst, es sind selbst die Asylanten, die aus Eifersucht oder Neid die eigenen Leute bei den Behörden verraten. Oder, wenn Menschen Asylanten anzeigen, damit sie verhaftet werden, um sie abzuschieben, weil sie sie in ihrem Freiraum einschränken, weil sie ihre Bräuche oder ihre Sprache nicht verstehen. Diese Menschen haben ihre Wurzeln vergessen, ignorieren, dass sie oder ihre Vorfahren auch einmal in gleicher Situation waren. Wir vergessen, dass die Welt Gott gehört, vergessen, dass wir alle in ihr wie Einwanderer und Gäste leben sollen.

Wir beten gemeinsam:

Jesus, du weißt, was es heißt, von einem seiner besten Freunde verraten zu werden. Hilf den Verratenen zu vergeben und lass die Verräter den Weg der Bekehrung, der Wahrheit und des

Lichtes finden. Wandle du unsere Herzen, damit wir Raum für Mitgefühl und Solidarität in ihnen haben. AMEN, Amen, Amen

V. Station: Jesus betet am Ölberg

Bei Matthäus heißt es: Darauf kam Jesus mit den Jüngern zu einem Grundstück, das man Getsemani nennt, und sagte zu ihnen: Setzt euch und wartet hier, während ich dort bete. Und er nahm Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus mit sich. Da ergriff ihn Angst und Traurigkeit, und er sagte zu ihnen: Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir! Und er ging ein Stück weiter, warf sich zu Boden und betete: Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.

GEDANKEN: Zum ersten Mal ist Jesus sich voll bewusst, dass sein Tod unmittelbar bevorsteht.

Obwohl seine Jünger bei ihm sind, weiß er, dass er in dieser Stunde allein sein wird. Die

Einsamkeit, die Erfahrung des Verlassen-werdens im Angesicht der Gegner, die Todesangst und die Todestrauer überwältigen ihn. Aber im Augenblick seiner tiefsten Trostlosigkeit zeigt Jesus, dass sein Vertrauen in Gott noch tiefer ist als seine Qual. Nie verliert Jesus seinen Glauben, dass Gott gegenwärtig ist und ihn begleitet, selbst wenn es so scheint als wäre er abwesend.

Der Asylant fühlt sich oft wie Jesus am Ölberg; er fühlt sich allein, verlassen, verraten, frustriert, hoffnungslos, weil er niemanden kennt und seine Familie weit fort lebt. Er weiß, was er verlassen hat, aber nicht, was ihm die Zukunft bringen wird. Die Einwanderer und die Flüchtlinge würden gern Unterstützung sowie Begleitung erfahren, doch bleiben sie trotz all derer, die sie umgeben, allein, weil man ihnen nicht traut oder weil man sie an den Rand drängt und diskriminiert.

Wie Jesus finden sie im Gebet die Kraft ihre Einsamkeit und ihren Frust ehrlich Ausdruck zu verleihen, finden aber auch die Kraft trotz aller Schwierigkeiten und Probleme voranzuschreiten. Dabei entdecken sie, dass sie nur in Gott die Energie finden, ihren Weg hoffend fortzusetzen.

Wir beten gemeinsam:

Guter Gott, wir danken dir für den unerschütterlichen Glauben deines Sohnes Jesus, der sich im Glauben der Einwanderer und Flüchtlinge widerspiegelt und die nicht aufhören gegen alle Hindernisse ihres Weges anzukämpfen. Hilf uns ihrem Beispiel zu folgen, damit wir nicht vor den Problemen unseres Lebensweges aufgeben. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn.

AMEN, Amen, Amen

VI. Station: Jesus wird gefangen genommen

Bei Matthäus heißt es: Während er noch redete, kam Judas, einer der Zwölf, mit einer großen

Schar von Männern, die mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet waren; sie waren von den Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes geschickt worden. Der Verräter hatte mit ihnen ein Zeichen verabredet und gesagt: Der, den ich küssen werde, der ist es; nehmt ihn fest. Sogleich ging er auf Jesus zu und sagte: Sei gegrüßt, Rabbi! Und er küsste ihn. Jesus erwiderte ihm: Freund, dazu bist du gekommen? Da gingen sie auf Jesus zu, ergriffen ihn und nahmen ihn fest.

GEDANKEN: Jesus, ein friedfertiger Mensch, ein Mensch der mit Worten und Taten die Liebe Gottes zu allen Menschen predigte, ist wie ein Verbrecher, ein Krimineller verhaftet worden. Mit anderen Worten Jesus ist ungerechterweise gefangen genommen. Die Behörden präsentieren ihn

als einen Menschen, der den Namen Gottes entweiht und das Volk verführt. Aber was Jesus tat, war lediglich, die Güte und das unendliche Erbarmen Gottes zu verkünden, das sich in einem Reich der Gerechtigkeit, des Friedens, der Freiheit und der Harmonie verwirklicht.

Asylanten erleben häufig ähnliche Situationen der Gewalttätigkeit. Wie viele von ihnen verlassen nicht ihre Häuser, weil sie befürchten, verhaftet zu werden? Wie viele machen die traurige und erniedrigende Erfahrung gefesselt und verhaftet zu werden, wie Kriminelle behandelt zu werden ohne zu verstehen, warum dies alles mit ihnen geschieht? Warum werde ich gefangen genommen? Ich habe doch nichts Böses getan! Warum?

Wir beten gemeinsam:

Gott, Vater der Freiheit, wir bitten dich für die Einwanderer und die Flüchtlinge, die ungerechter-weise verhaftetet wurden so als wären sie Kriminelle, und für jene, die in Angst leben, verhaftet zu werden. Erfülle sie mit der Kraft und dem Trost deines Geistes. Tröste die Angehörigen, die mit der Beklemmung leben müssen, dass einer ihrer Lieben gefangen genommen wurde. Gib ihnen den Mut sich für diese Personen einzusetzen, die in der Gesellschaft keine Stimme haben, weil sie als „Illegale“ gelten. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. AMEN, Amen, Amen

VII. Station: Jesus wird vom Hohenpriester und den Ältesten verhört

Bei Matthäus heißt es: Die Hohenpriester und der ganze Hohe Rat bemühten sich um falsche Zeugenaussagen gegen Jesus, um ihn zum Tod verurteilen zu können. Sie erreichten aber nichts, obwohl viele falsche Zeugen auftraten. Zuletzt kamen zwei Männer und behaupteten: Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes niederreißen und in drei Tagen wieder aufbauen. Da stand der Hohepriester auf und fragte Jesus: Willst du nichts sagen zu dem, was diese Leute gegen dich

vorbringen? Jesus aber schwieg. Darauf sagte der Hohepriester zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, sag uns: Bist du der Messias, der Sohn Gottes?

GEDANKEN: Jesus steht vor dem Hohen Rat. Er hört die falschen Anschuldigungen, die gegen ihn erhoben werden. Auf die gekauften Zeugen, auf ihre Lügen antwortet Jesus mit Schweigen. Er findet keine Worte mehr für so viel Ungerechtigkeit und Korruption. Die Worte haben ihren Sinn verloren, weil sie nicht der Wahrheit sondern dem Betrug dienen. Im Verhör Jesu spiegeln sich die Verhöre so vieler Asylanten, die Opfer falscher Beschuldigungen sind, die tausende von Fragen durch die Polizei. Sie werden gefangen gehalten, bis Richter einen legalen Weg gefunden haben, sie abzuschieben. Dann die Befragung durch Intellektuelle, um Statistiken und Studien zur Einwanderung erstellen zu können. Die einzige Möglichkeit gegen eine solche Behandlung zu protestieren ist oft nur das Schweigen der Asylanten, weil sie müde sind und nicht verstehen, warum die Menschen ihre Situation, ihren Schmerz und ihre Leiden nicht verstehen.

Wir beten gemeinsam:

Guter Gott, befreie uns von der Versuchung die Asylanten als Sündenböcke, als Objekte unserer Anklagen oder sie für politische und soziale Kampagnen zu missbrauchen. Schenke uns den Geist des Mitgefühls, damit wir das Leid dieser Menschen besser verstehen, die Heimat und Familie verlassen haben, um eine bessere Zukunft zu suchen. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. AMEN, Amen, Amen

VIII. Station: Jesus wird zum Tod verurteilt

Bei Markus heißt es: Jeweils zum Fest ließ Pilatus einen Gefangenen frei, den die Menge sich ausbitten durfte. Damals saß gerade ein Mann namens Barabbas im Gefängnis, zusammen mit anderen Aufrührern, die bei einem Aufstand einen Mord begangen hatten. Die Volksmenge zog zu

Pilatus hinauf und bat, ihnen die gleiche Gunst zu gewähren wie sonst. Pilatus fragte sie: Wollt ihr, dass ich den König der Juden freilasse? Er merkte nämlich, dass die Hohenpriester nur aus Neid Jesus an ihn ausgeliefert hatten. Die Hohenpriester aber wiegelten die Menge auf, lieber die Freilassung des Barabbas zu fordern. Pilatus wandte sich von neuem an sie und fragte: Was soll ich dann mit dem tun, den ihr den König der Juden nennt? Da schrieen sie: Kreuzige ihn! Pilatus entgegnete: Was hat er denn für ein Verbrechen begangen?

Sie schrieen noch lauter: Kreuzige ihn! Darauf ließ Pilatus, um die Menge zufrieden zu stellen, Barabbas frei und gab den Befehl, Jesus zu geißeln und zu kreuzigen.

GEDANKEN: Die Strafe Jesu überrascht nicht. Der Unschuldige erhält die Höchststrafe durch ein soziales und religiöses System, das durch und durch blind und korrupt ist.

Die Todesstrafe wiederholt sich, wenn unzählige Arbeiter und ihre Familien von der Möglichkeit ein menschenwürdiges Leben in ihrem Land führen zu können, ausgeschlossen werden. Das Todesurteil wird erneut angewandt, wenn Behörden Beschlüsse fassen, welche die Arbeiter dazu verurteilen, durch Hunger, Kälte, Müdigkeit und Flüssigkeitsmangel in den Bergen oder Wüsten, erstickt in den Wasserkanälen und in den Grenzflüssen zu sterben. Das Todesurteil wird in den offiziellen Einwanderungsgesetzen in Kraft gesetzt, die den Asylanten Grundrechte und Menschenwürde verweigern, sie zu einem Leben im Untergrund und von Gesetzlosen verurteilen, sie öffentlich in Verruf bringen. Paradoxerweise merken wir nicht, dass in der Verurteilung Jesu zum Tode es die gleichen Machtsysteme sind, die andere an den Rand drängen und ausschließen. Sie stellen sich selbst aber damit bloß, weil sie es sind, die gegen den Willen Gottes handeln, der das Leben in Fülle für alle Menschen ist.

Wir beten gemeinsam:

Gerechter Vater, wir bitten dich für die Regierenden unserer Gesellschaft, für jene, welche die Macht haben Entscheidungen zu treffen und die Regeln festlegen, die unsere Gemeinschaft

bestimmen. Wecke in ihnen den Geist der Gerechtigkeit, damit unsere Gesetze allen ein Leben in Recht und Würde, wie es jeder Person entspricht, ermöglichen. Hilf uns, dass wir in unserer Gesellschaft vor allem das Leben der Armen, der Schwächsten und der Bedeutungslosen schützen. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. AMEN, Amen, Amen

IX. Station: Jesus fällt unter der Last des Kreuzes

Bei Lukas heißt es: Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich an sie und sagte: Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint
über euch und eure Kinder! Zusammen mit Jesus wurden auch zwei Verbrecher zur Hinrichtung geführt.

GEDANKEN: Ungerecht verurteilt, muss Jesus selbst das schwere Kreuz tragen, an dem er sterben wird. Aber mehr als das Kreuz lasten die harten Schläge, die er erhält; er der Betrug, Verrat, die Mut-losigkeit, die Feigheit seiner eigenen Jünger und die grausamen Erniedrigungen. Der Weg hinauf zum Kalvarienberg ist lang und furchtbar; Jesus erträgt den Schmerz nicht mehr: er fällt.

Wie oft sind die Asylanten auf ihrem Weg gefallen? Wie viele Opfer mussten sie bringen? Wie oft brachten sie ihr Leben in Gefahr, um ihr Ziel zu erreichen? Oft verwandelt sich der Weg ins Land der Verheißung in einen Kreuzweg, in einen Weg voller Hindernisse und Gefahren. Nur der lebendige Glaube an Gott, gibt uns Kraft, das erdrückende Schicksal zu ertragen und auf unserem Weg voranzugehen.

Wir beten gemeinsam:

Gott des Lebens, beschütze deine asylsuchenden Töchter und Söhne auf ihrem risikoreichen und schwierigen Weg. Hilf ihnen die Hindernisse, denen sie begegnen, zu überwinden und lass sie gute und würdige Arbeit mit einem gerechten Lohn finden.
Lass nicht zu, dass die Familien der Asylanten getrennt oder auseinander gerissen werden. Begleite sie und in Niedergeschlagenheit richte du sie wieder auf, damit sie ihr Ziel erreichen und ihre Träume verwirklichen können. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. AMEN, Amen, Amen

X. Station: Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

Bei Lukas heißt es: Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie einen Mann aus Zyrene namens Simon, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage.

GEDANKEN: Jesus ist geschwächt, so entkräftet durch all das, was ihm widerfahren ist, dass er das Kreuz nicht mehr allein zu tragen vermag. Da kommt Simon von Zyrene vorbei: er macht nicht viel Aufhebens oder Außergewöhnliches, sondern hilft auf stille Weise Jesus seinen qualvollen Weg zu gehen. Diese schlichte Tat des Simon ist wichtig, weil sie uns an all die Personen erinnert, die im Verborgenen ihren Glauben konsequent leben sowie anderen konkret helfen. Es gibt viele gute Menschen in der Welt, es gibt einfache Menschen, die in ihrem Leben Gutes tun, die ein Gespür für die Asylanten entwickeln, sie unterstützen, indem sie ihnen zu essen geben, sie gastlich aufnehmen, und ihnen vor allem die Hoffnung geben, dass sie nicht allein sind, weil Liebe und Mitmenschlichkeit existieren. Mit Simon von Zyrene lädt Gott uns ein, „Zyrener der Gegenwart“ zu sein, Personen mit offenen und mitfühlenden Herzen.

Wir beten gemeinsam:

Barmherziger Gott, lass uns die Asylanten nicht in Einsamkeit, Verlassenheit und Hoffnungs-losigkeit alleine lassen. Lehre uns, mit Solidarität, Mitgefühl und Offenherzigkeit zu leben. Lehre uns, den Egoismus zu überwinden, damit wir im Geiste der Demut bereit sind, die Asylanten, die unter uns leben, zu begleiten. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn.

AMEN, Amen, Amen

XI. Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt

Bei Johannes heißt es:

Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz geschlagen hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen. Sie nahmen auch sein Untergewand, das von oben her ganz durchgewebt und ohne Naht war. Sie sagten zueinander: Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll. So sollte sich das Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine Kleider unter sich und warfen das Los um mein Gewand.

GEDANKEN: Jesus ist auf dem Kalvarienberg, dem Ort seiner Hinrichtung, angekommen. Auch hier findet die Erniedrigung und Entwürdigung des zum Tod verurteilten kein Ende. Sie rauben ihm auch noch das Letzte, was ihm geblieben war, seiner Kleider. Diese Handlung sagt mehr aus als es scheint: Den Verurteilten seiner Kleider berauben, bedeutet nicht nur seine wenigen Habseligkeiten, die ihm noch geblieben sind, zu nehmen, sondern zeigt in aller Öffentlichkeit, dass man ihm die Würde, die Ehre, die Rechte eines Menschen abspricht.

Im entblößten Herrn spiegelt sich das Bild unserer Schwestern und Brüder, die bei uns Asyl suchen und auf ihrem Weg zu uns oft alles verloren haben: Geld, Ausweise, Familienfotos, alles durch Schleußer Banden und Diebe, durch Polizei oder korrupte Behörden auf ihrem Weg, die angeblich die Verantwortung tragen, ihre Rechte zu schützen. Mit Abscheu denken wir daran, dass Frauen, die Asyl suchen, Gewalt angetan wurde und die mit ihrem physischen und seelischen Schmerz in einer Gemeinschaft leben, die zu alledem schweigt. Oft sind wir es sogar wir selbst, die Asylanten entblößen, sie auf legalem Weg ihrer Würde berauben. So manches Mal verachten wir sie, beschuldigen sie öffentlich, diskriminieren oder erniedrigen sie. Wir haben es verlernt hinter all dem, den entblößten Herrn zu sehen.

Wir beten gemeinsam:

Einfühlsamer Gott, wir legen das Leben der Asylanten in deine Hände, besonders das derjenigen die am meisten an den Konsequenzen und Kosten der Einwanderung leiden, die

vollständig auf diesem Weg entblößt wurden. Du weißt um die Ausbeutung, die Erniedrigung und den Missbrauch, den sie erlitten haben. Du kennst ihre Traurigkeit die der Traurigkeit

Jesu gleicht, als er in aller Öffentlichkeit seiner Kleider und seiner Würde beraubt wurde. Heile ihre Wunden durch die Kraft deiner Liebe. Verwandle unsere Herzen aus Stein in Herzen aus Fleisch, damit wir das Schweigen über die legale Entblößung brechen, welches die Asylanten am meisten verwundet. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. AMEN, Amen, Amen

XII. Station: Jesus wird mit zwei Verbrechern gekreuzigt

Bei Markus heißt es: Es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten. Eine Aufschrift auf einer Tafel gab seine Schuld an: Der König der Juden. Zusammen mit ihm kreuzigten sie zwei Räuber, den einen rechts von ihm, den andern links.

GEDANKEN: Wir haben uns so daran gewöhnt Kreuze in Kirchen, in Häusern, an Halsketten zu sehen, dass wir den ursprünglichen Sinn dieses so alltäglichen Gegenstandes manchmal vergessen und er sich in ein sinnloses Symbol verwandelt. Das Kreuz war das Zeichen tiefster Verachtung und der öffentlichen Rache, weil die Kreuzigung die Todesstrafe für Kriminelle und Sklaven war. Jesus wurde bis zum Schluss als Krimineller behandelt und, um dies noch zu unterstreichen, kreuzigten ihn seine Gegner zwischen zwei Verbrechern. Jesus, dem Propheten der Liebe und der Gerechtigkeit, blieb nicht einmal der gute Ruf, den er beim Volk genoss, vor dem er tagtäglich vom Kommen des Reiches Gottes gesprochen hatte.

Was damals mit Jesus geschah, wiederholt sich heute oft mit den Asylanten. Die Begriffe, die man verwendet, hinterlassen den Eindruck, als wenn nicht von Menschen gesprochen würde, als hätten sie als Illegale keine Existenzberechtigung. Sie sind Kriminelle, denen man alles Übel unserer Gesellschaft in die Schuhe schiebt. Wir erinnern uns der Worte des Propheten Jesajas, der über den Gottesknecht sagt: „Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet, wir schätzten ihn nicht“. Wir bitten um Vergebung für so viele Male wo wir durch egoistisches oder gleichgültiges Verhalten den Asylanten die Menschenwürde abgesprochen haben.

Wir beten gemeinsam:

Gott der Wahrheit, gib uns neue Augen und neue Worte, damit wir unsere Asyl suchenden Schwestern und Brüder nicht mehr als Verbrecher betrachten. In deinen Vateraugen sind nur der Egoismus, die Gewalt, das Unrecht und die Ausbeutung illegal. Gib uns den nötigen Mut, den eigenen Egoismus zu besiegen. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn.

AMEN, Amen, Amen

XIII. Station: Frauen stehen unter dem Kreuz

Bei Johannes heißt es: Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger,
den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn!
Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

GEDANKEN: Jesus hängt sterbend am Kreuz, verlassen von seinen Freunden mit Ausnahme einiger Frauen, die den Mut hatten bis zum bitteren Ende bei ihm zu bleiben. Hier, am Fuße des Kreuzes finden wir eine „Mama“, die aufblickt zu ihrem geliebten, sterbenden Sohn, der von den Menschen verachtet, in aller Öffentlichkeit entehrt und von seinen besten Freunden verlassen wurde. Diese Mutter versteht nicht, warum ihr Sohn in der Fülle seines Lebens so grundlos, so sinnlos, sterben muss. Ihr Kummer, ihr Schmerz sind so groß, dass sie keine Worte findet; aber ihre mütterliche Liebe, eine zärtliche und doch unbesiegbare Liebe, geben ihr die Kraft mutig unter dem Kreuz bei ihrem Sohn auszuharren bis zur letzten Minute.

Bei dieser Station erinnern wir uns all der Frauen, die wie die Mutter Jesu mutig in Richtung des gelobten Landes als Einwanderer weitergehen. Wir erinnern uns der Mütter, die ihre Kinder gehen sehen und beten, es möge ihnen nichts Böses geschehen. Wir erinnern uns derer, die nicht wissen, wo ihre Kinder sind, darunter leiden, nicht zu wissen, ob sie vermisst oder tot sind. Wir erinnern uns der Frauen, die zu Hause bleiben, um die Familie zu ernähren, sich aufopfernd der Erziehung der Kinder widmen, ohne mit der moralischen Unterstützung oder der Gegenwart ihrer Männer rechnen können. Wir erinnern uns der Frauen, die sich mit ihren Säuglingen und Kindern auf den Weg machen, um mit ihren Männern vereint wieder den Traum der familiären Einheit zu verwirklichen. Wir erinnern uns der Mädchen, die ohne die Liebe und Zuneigung ihrer Väter

aufwachsen müssen.

Wir beten gemeinsam:

Maria, du bist unsere Mutter, beschütze mit deiner mütterlichen Liebe die Frauen, die mit ihren Kindern auf dem Weg sind. Begleite alle Frauen, die allein geblieben sind und sich einsetzen, um ihre Kinder zu versorgen. Lass nicht zu, dass die Einheit der Familie auf Grund der Entfernung

oder der Trennung zerstört wird. Deine mütterliche Zuneigung sei das unüberwindliche Band der Einheit zwischen den Asylanten und ihren Familien. AMEN, Amen, Amen

XIV. Station: Jesus stirbt am Kreuz

Bei Matthäus heißt es: Die anderen aber sagten: Lass doch, wir wollen sehen, ob Elija kommt und ihm hilft. Jesus aber schrie noch einmal laut auf. Dann hauchte er den Geist aus.

GEDANKEN: Jesus stirbt in totaler Verachtung. Seine Gegner machen sich über ihn lustig. Jesus stirbt und schreit sein Leid, seine Einsamkeit in der sie ihn gelassen haben und die Gleichgültigkeit gegenüber unverschuldetem Leiden in die Welt hinaus. Sein Schrei steht für den Schrei der gekreuzigten Völker, die in Armut, Elend, Unterdrückung und Ausbeutung leben, während einige wenige Reiche reicher werden.

Egoismus, Verrohung sowie Unmenschlichkeit ziehen immer weitere Kreise. Wo ist da Gott? Gott, der abwesend scheint, ist genau da, wo wir ihn nicht vermuten oder nicht antreffen möchten: ER hängt am Kreuz, verblutet. Er leidet mit Jesus und mit der gesamten, verwundeten Menschheit. Denken wir in Stille an alle verstorbenen Asylanten, an die vielen Kinder, auch an die Menschen, die auf ihrem Weg umgebracht wurden, die verhungert und elendig ertrunken sind. In und mit ihnen stirbt Jesus auch heute noch.

Wir beten gemeinsam:

Gott des Lebens, nimm die Frauen, Männer und Kinder in deine Arme auf, die sich Asyl suchend auf den Weg gemacht haben und starben. Tröste die zurückbleibenden Angehörigen, damit der Tod ihren Lieben ihnen nicht die Hoffnung auf das Leben raubt. Hilf uns, dass wir das Leben schützen und uns allen Gesetzen entgegenstellen, die den Tod von Asylsuchenden verursachen. Das Kreuz deines Sohnes sei für uns ein Protestschrei gegen jedes ungerechte Sterben. Es ist ein Symbol neuen Lebens für alle. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn.

AMEN, Amen, Amen

XV. Station: Der auferstandene Herr begleitet seine Jünger

Bei Lukas heißt es: Am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte. Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen. Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen, sodass sie ihn nicht erkannten. Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet? Da blieben sie traurig stehen, und der eine von ihnen – er hieß Kleopas – antwortete ihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Er fragte sie: Was denn? Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazareth.

Er war ein Prophet, mächtig in Wort und Tat vor Gott und dem ganzen Volk. Doch unsere Hohenpriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. Wir

aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde.

Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist. Aber nicht nur das: Auch einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in der Frühe beim Grab, fanden aber seinen Leichnam nicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engel erschienen und hätten gesagt, er lebe. Einige von uns gingen dann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber sahen sie nicht.

Da sagte er zu ihnen: Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. Musste nicht der Messias all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen? Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht. So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, aber sie drängten ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt. Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben. Und als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr. Und sie sagten zueinander: Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?

GEDANKEN: Nach Jesu Tod bleibt seinen Jüngern ein Gefühl von Schuld, Verwirrung und Enttäuschung. Die Jünger, die auf dem Weg nach Emmaus sind, glaubten, dass Jesus der große Befreier sei, den sie schon so lange erwarteten. Aber der Tod am Kreuz, dieser Tod der Schande scheinbar so sinnlos, zerstörte all ihre Hoffnungen. Jesu Tod lässt sie ohne Orientierungspunkte, ohne Ziel zurück. Auch die Nachricht der Frauen, dass sie den Körper Jesu nicht fanden, sondern ihnen nur ein Engel erschienen sei, der sagte, er lebe, ließ sie verwirrt zurück. Jesus nähert sich ihnen und erklärt ihnen den Sinn dieser menschlich so absurden Vorkommnisse.

Er teilt das Brot mit ihnen. In diesem Moment erkennen sie ihn und begreifen, dass der Gott des Lebens den Tod besiegt hat. Entgegen allem Anschein hat er sie nie verlassen.

Der auferstandene Herr ist auch heute noch mit uns, seinem pilgernden Volk unterwegs, egal welcher Rasse, welcher Kultur oder welchen Namen sie ihrem Gott gegeben haben, aber manchmal spüren wir seine Gegenwart nicht. Er zeigt uns den Weg zum gelobten Land

und erläutert uns den tieferen Sinn des Geschehens. Er macht sich selbst für uns zum Weg, damit wir fähig werden, alles mit den Augen des Glaubens sehen.

Wir beten gemeinsam:

Gott, unser Wegbegleiter, wir danken dir, dass wir dich heute begleiten durften. Du gehst mit

Asylanten auf dem schmerzvollen Weg, der sich im Kreuzweg deines Sohnes widerspiegelt. Hilf uns, alle, die unterwegs sind, in ihrer Situation besser zu verstehen, damit wir sie mit Liebe begleiten können.

Wir wissen, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern in dir das Leben triumphieren wird.

Hilf uns, deinen auferstandenen Sohn in unseren wandernden Schwestern und Brüdern zu

erkennen. Erwecke in uns den Wunsch, geschwisterlicher zu leben.

Wecke in uns die Liebe, mit der du uns geliebt hast, eine Liebe, die keine Grenzen kennt, die

nicht nach Rassen, Kulturen, Nationalität oder Religionen unterscheidet.

Lenke unsere Schritte deinem Reich entgegen, wo niemand fremd ist, weil wir alle eine

Menschheitsfamilie sind: du der du wie eine gute Mutter und guter Vater für uns da bist. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Wir beten gemeinsam ein Vater Unser (an die Hände nehmen)

Ganz lieben Dank, dass wir gemeinsam, betend, singend, meditierend ein Stück des Weges mit Jesus und mit allen leidenden Menschen auf der Welt gehen konnten. Dass wir das auch in der Zukunft schaffen, dazu segne uns, unsere Lieben und alle für die wir gebetet haben, der treue und gute Gott, der Vater, …………………..

Der mich atmen läßt, bist Du, lebendiger Gott,

der mich leben läßt, bist Du, lebendiger Gott.

Der mich schweigen läßt, bist Du, lebendiger Gott,

der mich atmen läßt, bist Du, lebendiger Gott.

Der mich warten läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich handeln läßt, bist Du, lebendiger Gott.
Der mich Mensch sein läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich atmen läßt, bist Du, lebendiger Gott.

Der mich pflanzen läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich wachsen läßt, bist Du, lebendiger Gott.

Der mich reifen läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich atmen läßt, bist Du , lebendiger Gott.

Der ich glauben läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich hoffen läßt, bist Du, lebendiger Gott.
Der mich lieben läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich atmen läßt, bist Du, lebendiger Gott.

Der mich weinen läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich lachen läßt, bist Du, lebendiger Gott.
Der mich trösten läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich atmen läßt, bist Du, lebendiger Gott.

Der mich tanzen läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich still sein läßt, bist Du, lebendiger Gott.
Der mich singen läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich atmen läßt, bist Du, lebendiger Gott.

Der mich beten läßt, bist Du, lebendiger Gott,
der mich preisen läßt, bist Du, lebendiger Gott.
Der mich bergend hält, bist Du, lebendiger Gott,
der mich atmen läßt, bist Du, lebendiger Gott.

Der mir Freude schenkt, bist Du, lebendiger Gott,
der mir Freiheit schenkt, bist Du, lebendiger Gott.
Der mir Leben schenkt, bist Du, lebendiger Gott,
der mir Atem schenkt, bist Du, lebendiger Gott.

AMEN, Amen, Amen

Die Kreuzwegtexte habe ich im Internet ? gefunden, teils korrigiert und ergänzt und insgesamt auf meinen Bedarf angepaßt und ergänzt.

One comment on “Alternativer Kreuzweg – FLÜCHTLINGE – 2016

  1. Hella Humpert sagt:

    Dieser besondere Kreuzweg hat mich sehr angesprochen. Er passt in die heutige Welt. Danke für die Gebete!!

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