Fest der Taufe des Herrn – 09.1.2022 – C Jesus wird zum Sündenbock für uns!

Fest der Taufe des Herrn – Sonntag, 09.1.2022 – C Jesus wird zum Sündenbock für uns!

Wenn ich Sie so anschaue, kommt mir die Idee, dass Sie wohl alle schon lange nicht mehr zur Beichte waren, sie würden sonst froher ausschauen. Ich hatte da so eine Idee, aber ich konnte den Bruno leider nicht erreichen, sonst hätte ich heute einen Ziegenbock mit in den Gottesdienst gebracht.
Hier vor die Krippe hätte ich sie gestellt und dann könnten sie alle nach Vorne kommen und all Ihre Schuld auf diesen Ziegenbock legen.
So, wie man das damals zu Jesu Zeiten auch gemacht hat.
Für die Menschen damals war das ein ganz wichtiges Zeichen.
Sie haben dann zu dem Bock gesagt: „All das, was wir im vergangenen Jahr falsch gemacht haben, all die Dinge, die schief gelaufen sind, all unsere Sünden und all unsere Schuld, die legen wir jetzt auf dich.“
Und zum Zeichen dafür, berührten sie den Bock mit ihrer Hand.
Und nachdem alle es getan hatten, nachdem die ganze Gemeinde diesem Tier die Hände und ihre Schuld aufgelegt hatten, ist man mit dem Ziegenbock zum Rande der Stadt gezogen – dorthin, wo die Wüste anfängt – hier wäre das Kaunitz oder Avenwedde.
Und da hat man dieses Tier; das nun für die Menschen zum Sündenbock geworden ist, ganz einfach davongejagt.
Man hat den Sündenbock, dem man die ganze Schuld aufgeladen hatte, in die Wüste getrieben.
Und so wie dieses Tier dort in der Wüste zwangsläufig verendet ist, so hat man gehofft, dass mit ihm zusammen auch die Schuld der Menschen, gleichsam umkommen würde, dass man dadurch seine Verfehlungen und all seine Schuld loswerden würde und einen neuen Anfang hatte.

Für die Menschen damals war das ein ganz wichtiges Ritual.
Aber, wenn man sich das vorstellt, ein grausames Ritual. Nicht nur, weil man dieses Tier elendiglich hat zugrunde gehen lassen – schon allein die Tatsache, einen anderen, selbst wenn es ein Tier ist, für sein eigenes Versagen büßen zu lassen, das ist wirklich grausam.

Und ganz besonders grausam ist es, wenn dann nicht eine Ziege, – wenn ein Mensch für andere büßen soll, zum Sündenbock abgestempelt wird.

„Ich kann nichts dafür, der da war’s…“
Wie oft sucht man selbst, manchmal sogar eine ganze Gesellschaft, auch eine christliche, einen anderen, dem man die ganze Schuld aufladen kann.

Da ist dann ein einziger Minister schuld an der ganzen Misere mit der Coronaplage, oder noch besser, irgendein Wissenschaftler, einer, von den ganz bekannten.
Oder ein Bischof, der mit seiner Schuld herhalten muss, wenn Hunderttausende aus der Gemeinschaft austreten.
Oft trifft es einen Menschen, den man einfach herauspickt, – damit alle mit dem Finger auf ihn zeigen können, weil er falsch gelegen, oder einen Fehler begangen hat

So hat man es seit ewigen Zeiten gemacht: Man suche sich einfach irgendeinen, oder eine Minderheit, am allerbesten Menschen, die sich nicht wehren können..

Und deshalb ist es eigentlich auch ein grausames Fest, das wir heute feiern.
Denn heute geht es los, heute beginnt es: Heute denken wir daran, dass da wieder einer angefangen hat, zum Sündenbock zu werden.

Mit dem Tag der Taufe im Jordan hat es begonnen, da hört die Zeit der Weihnacht dann endgültig auf, da enden die süßen Kindheitsgeschichten, da tritt ER endgültig in unsere Reihen, da reiht er sich ein: ER, der Unschuldige, er, der keine Fehler hat, Jesus Christus, der Gott und Mensch zugleich war.

Er stellt sich am Jordan in die Reihe der Menschen, die zur Bußtaufe gekommen waren.
Er stellt sich in die Reihe der Sünder.
Und er stellt sich dorthin, wie der Ziegenbock am „Jom Kippur“, am altisraelitischen Versöhnungstag, wie dieses unschuldige Tier, dem jetzt die Schuld aufgeladen wird, und er wird sie dann tragen bis zum Kreuz, wo er sie dann endgültig wegtragen wird.

Eigentlich ein grausames Fest.
Taufe des Herrn: der Festtag eines Menschen, der sich entscheidet, für uns zum Sündenbock zu werden.4

Es gibt nur eines, was diesem Gedanken ein klein wenig von seiner Schärfe nimmt:
Niemand, kein Mensch hat diesen Jesus nämlich zum Sündenbock gemacht!
Keiner hat ihn dazu gezwungen.  
Gott war es, ER, der freiwillig so weit heruntergekommen ist, dass er Mensch wurde.
ER geht dann sogar so weit, dass er sich freiwillig unsere Schuld aufladen lässt.

An diesem Sonntag denken wir wieder daran – und damit beginnt die Zeit des Jahreskreises C -, dass Gott sich einreiht,
in die Reihe der Sünder stellt,
in unsere Reihen stellt,
um uns von unserer Schuld zu befreien.
Da wird jemand aus freien Stücken zum Sündenbock – und das für uns.

Eigentlich ein grausames Fest.
Aber es ist ein Fest, das uns zeigt, wie wichtig wir diesem Gott sind.
Es ist ein Fest, mit dem Gott wieder einmal seine Liebe zu uns Menschen unter Beweis stellt. Noch ein Fest der Liebe. Ein Tag an dem Gott auch zu jedem von uns sagt: DU, gerade Du bist mein geliebtes Kind.
Heute feiern wir wieder ein Fest der Liebe Gottes zu uns Menschen.

Und jetzt – wartet er auf unsere, auf meine Antwort.

Amen.

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