Begrüßung zur Flüchtlingsdemo (8.7.18)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Gäste aus vielen Ländern dieser Erde hier auf dem Delphosplatz, in Verl.

Diesen Platz, der erst vor wenigen Tagen offiziell so benannt wurde, gäbe es nicht, wenn nicht vor gut 150 Jahren viele Hundert aus Verl und Umgebung und zigtausende aus Deutschland nach Amerika geflüchtet wären um Hunger, Armut und Tod zu entgehen. Dankbar wurden sie dort aufgenommen und haben das heutige Amerika stark geprägt.

Vielen von Ihnen geht es sicher so wie mir, dass die Vorkommnisse der letzten Tage und Wochen im verbalen und praktischen Umgang mit Flüchtlingen, einem die Tränen in die Augen treiben und die Wut die Stirn kraust.

Allein in diesem Jahr sind etwa 1.400 Menschen – Männer, Frauen und Kinder – elendig im Mittelmeer abgesoffen. Politiker reden von Lagern – Ankerzentren – Transitzentren – Transferzentren – stunden und tagelang und bei den nachweislich wenigen gewalttätigen Flüchtlingen, werden alle andern von vielen über einen Kamm geschoren.

Da werden Rettungsschiffe, voll mit geflüchteten Erwachsenen und vielen Kindern nicht an Land gelassen und wenn doch wird der Kapitän angeklagt, zu viele Menschen an Bord zu haben.

Da werden Flugzeuge am Boden festgehalten, damit sie keine Schiffbrüchigen mehr aufspüren können – der Tod wird einfach billigend in Kauf genommen.

Einzelne Länder – eigentlich zivilisierte und christlich geprägte Länder – nehmen gar keine Flüchtlinge auf, weil sie ethnisch nicht zum Land gehören.

Da wird über Lager in Nordafrika gesprochen – hunderte von geflüchteten Menschen, besonders Frauen, können nicht mehr lächeln oder schlafen, nach ihren Erlebnissen dort.

Da werden Menschen nach Jahren in Deutschland mit großem Polizeieinsatz mitten in der Nacht aus der Wohnung geholt, gefesselt und in Abschiebehaft genommen, obwohl die Länder über die sie gekommen sind, sie nicht aufnehmen.

Da werden Familien mit Kindern, die nur noch Deutsch sprechen können in das Kriegsgebiet von Afghanistan zurückgebracht.

Natürlich sind viele Menschen, die zu uns gekommen sind, nicht alle verfolgt und von Krieg, Terror bedroht, aber wie die Deutschen vor 150 Jahren nach Amerika geflüchtet sind, weil keine Arbeit, kein Brot für die Kinder und keine Zukunft für die Menschen  da war, verlassen viele ihr Land um über tausende von Kilometern eine Chance für sich, ihre Familie und ihre Kinder zu haben.
Denn zu Hause gibt es diese Chance nicht mehr, nachdem wir in vielen Fällen mit billigen Massenprodukten das Land überschwemmen oder Europa oder China ihr Land industriell nutzen und für wenig Geld die Erträge nach Deutschland und Europa holen.

Kein Einzelner und kein Land kann die ganze Welt retten, aber wir können ein Beispiel geben, ein kleines Beispiel nur, aber dieses kann Kreise ziehen, kann anstecken, kann andere motivieren, zu helfen und vielleicht auch das eigene Konsumverhalten zu überdenken.

Hier in Verl, auch in den Nachbargemeinden gibt es viele Gruppen und Organisationen, die sich stark und liebevoll in die Hilfe für Flüchtlinge einbringen.
Viele Einzelpersonen haben Patenschaften für Familien übernommen. Freundschaften in Vereinen, in den Schulen und an den Arbeitsplätzen entstehen – und die deutsche Sprache macht mit den meisten eine ordentliche Kommunikation möglich.

Hilfen durch Angebote von Turn- und Sportvereinen ermöglichen den Menschen die Traumata der Flucht abzuschwächen.
Günstige Lebensmittel durch Tafel und Warenkorb erleichtern das Auskommen mit dem oft wenigen Geld.

Respekt auch vor manchen Verler Unternehmen, die Flüchtlinge beschäftigen, obwohl die Deutschkenntnisse noch verbesserungsfähig sind.

Sprach Cafés und die Mitarbeiter von „Grenzenlos“ leisten täglich jede nur denkbare Unterstützung für alle die Hilfe brauchen.

Gerne weise ich hier noch auf das interkulturelle Sommerfest am kommenden Freitagnachmittag hin, dass vor dem „Grenzenlos“ stattfinden soll. Wäre schön, wenn viele kommen.

Die Stadt Verl hat gerade in der Hochsaison der Flüchtlingsströme Großartiges geleistet, jetzt aber muss die Zeit folgen, in der Integration, Wohnraumbeschaffung und Arbeitsplätze in Angriff genommen werden müssen.

Die Situation der Flüchtlinge ist in vielen Ländern – Nordafrika, Mali, Amerika, Myanmar, Syrien und Irak sicher noch katastrophaler, aber das kann nicht unsere Messlatte sein.

Viele Helferinnen und Helfer, die sich teils rund um die Uhr für unsere Flüchtlinge engagieren, stöhnen oft unter der Last der Bürokratie, aber mehrheitlich bestätigen alle, dass ihr Einsatzgut  tut, bekommt man doch meistens mehr zurück, als man investiert.
Wir hier in Verl sind auf einem guten Weg.
Dadurch, dass Sie alle gekommen sind, geben wir ein starkes Signal, dass wir weiterhelfen wollen, dass die Menschen und Familien mit Bleiberecht hier bei uns ein Stück Heimat und Geborgenheit und vielleicht auch Nächstenliebe finden können.

Ich danke Ihnen im Namen aller Menschen, die zu uns gekommen sind.

Es wäre schön, wenn Sie die Zeit, in der sie hier ein Beispiel geben auch dazu nutzen, mit unseren Gästen ins Gespräch zu kommen, um vielleicht ein bisschen mehr zu erfahren und zu verstehen, warum sie zu uns gekommen sind.

Gleich würde ich gerne mit ihnen den schönen Text „Hoffnung schenken“ von den verteilten Zetteln gemeinsam lesen.

Und egal welchen Namen wir unserm Gott gegeben haben, es ist der Vater für uns alle im Himmel, darum beten wir anschließend mit allen die möchten das „Vater Unser“ und wenn sie dabei die Hand ihres Nächsten finden, wäre das toll.

Nochmals „Danke“ für ihr Kommen!

Danke der Polizei, die auf uns aufpasst und allen, die mit dieser Veranstaltung Arbeit hatten.

Ihnen anschließend noch einen sommerlichen Abend und wir sehen uns spätestens beim interkulturellen Sommerfest.

(ca. 80 Personen sind gekommen, darunter ca. 20 Flüchtlinge. Selber habe ich eine böse Mail bekommen. Der Beitrag auf Facebook wurde nach 6 Stunden gelöscht, da zig Hassmails eingegangen waren)

 

 

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