16. Sonntag C, Lk 10,38-42, Martha und Maria

16. Sonntag IM JAHRESKREIS – 17. Juli 2016 –

LUKAS 10,38 42 – Martha und Maria –

Ich bin jetzt gut 46 Jahre verheiratet, natürlich mit der besten Frau der Welt – manche Männer sind da sicher ganz neidisch. Aber wenn wir gemeinsam zu einem Termin wollen, wir sind noch nie pünktlich weggekommen. Ok – 2x doch, glaube ich, aber immer gab es für meine Frau erst noch was zu tun: Die Wäscheschnell aus der Maschine nehmen, die Haare lagen noch nicht richtig oder die Katze brauchte noch Futter.

Einige kennen das?

Dann kennen sie sicher auch das Sprichwort: „Alles zu seiner Zeit!“
Im Buch Kohelet heißt es auch: „Alles hat seine Zeit!“
Und auch das Lied: „Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde“, wird in flotten Gottesdiensten gerne gesungen.
Manches geht nicht wirklich zusammen und jeder von uns muss jeden Tag immer wieder neu entscheiden: Was ist gerade wichtig, zu diesem Zeitpunkt! Jetzt!

Säuglinge haben da uns gegenüber einen klaren Vorteil: Sie haben einen ganz natürlichen Rhythmus.
Ein- und Ausatmen geht von selbst.
Essen und Schlafen wechseln sich ab.
Aber irgendwann wächst der Mensch aus dieser natürlichen Abfolge heraus.
Arbeiten wird eine Zeit so sehr zum Lebensinhalt, bis dann eine unheimliche Sehnsucht nach Freizeit kommt.
Und viele sagen dann nach dem Urlaub: Gut, dass wir jetzt wieder arbeiten können.

Und da sind wir mitten drin im Evangelium.
Die eine, Martha, tut und macht und sorgt sich und kümmert sich und bricht bald zusammen unter der Last der Arbeit.
Die andere, Maria, sie nutzt einfach die Gelegenheit, setzt sich hin, setzt sich Jesus zu Füssen und hört ihm zu.
Die eine denkt an das, was noch zu tun ist.
Die andere genießt den Augenblick.
Was ist im Leben wirklich wichtig?
Ich habe auch schon gehört, dass manche sich über dieses Evangelium ärgern.
Die Frau, die sich abmüht und arbeitet, damit alles rund läuft, diese Martha, – sie wird dafür von Jesus auch noch – heute würde man sagen angespitzt.
Und die, die rumsitzt, die nichts tut, die den Augenblick des Zusammenseins mit dem Gast genießt, – ausgerechnet sie wird gelobt. Alles andere ist ihr egal.
Sie kennen sicher alle solche Marthas:
Das sind die Malocher, sie mühen sich bis zum Geht nicht mehr ab und ärgern sich über all die, die vermeintlich weniger tun.
Man ärgert sich über die, welche am helllichten Tag an der Hauptstraße in der Eisdiele sitzen können.
Man ärgert sich über die, welche mit scheinbar weniger und leichterer Arbeit viel mehr verdienen.
Man ärgert sich über die, welche alles viel lockerer und gelassener nehmen.
Man ärgert sich über die, welche sich freuen können am Leben und scheinbar alles nur positiv sehen.
Und manche ärgern sich vielleicht auch jetzt über mich, denken sich:
Du kannst gut quatschen da vorn; am Sonntag fromme Sprüche klopfen und werktags warten bis Sonntag ist.

Die verärgerte fleißige Martha – ist in mancher Hinsicht ein Spiegelbild von uns selbst.
Doch sich ärgern ist nun mal ungesund, sich über andere ärgern, das tut dem Zusammenleben nicht gut.
Ärger vergiftet das Klima, in der Familie, bei der Arbeit, in der Gemeinde.
Jesus tadelt Martha nicht, weil sie arbeitet, sich kümmert und sorgt, denn wir müssen ja arbeiten um Geld zu verdienen, den Lebensunterhalt zu bestreiten.
Arbeiten können bedeutet auch, dem Leben einen Sinn geben.
Im Arbeiten kann ich ein gutes Stück von mir selbst zum Ausdruck bringen – wenn ich noch arbeiten kann.

Aber – und darauf macht uns diese Geschichte von Maria und Martha aufmerksam:
Martha müsste eigentlich spüren, dass es noch andere Dinge im Leben gibt, als nur zu arbeiten, sich zu sorgen und sich womöglich zu ärgern.
Martha verpasst vor lauter Hektik und Stress den Augenblick, den Moment, wo man dem andern in die Augen blicken, ihm zuhören und es einfach genießen könnte.
Und auch in dieser Hinsicht ist Martha ein Stück wie wir:
Ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich mit meinem Körper wohl an einem Ort bin, mit den Gedanken jedoch ganz woanders.
Und sie können gleich die Probe machen:
Sind sie jetzt da, oder überlegen sie sich schon, was sie zu Mittag essen, wie sie den Nachmittag verbringen sollen, was sie heut Abend noch unternehmen wollen?
Oder sind sie in Gedanken noch in der vergangenen Woche, oder bereits in der kommenden Woche?
Es ist aber nun mal eine Binsenwahrheit und die gilt auch für Verl:
Was geschehen ist, können wir nicht mehr rückgängig machen. Was sein wird, haben wir nicht wirklich im Griff.
Also, wir können die Zukunft nur bedingt planen. Manchmal ändert sich das Leben von einer Sekunde auf die andere und auch das haben viele von Ihnen schon erlebt.
Entscheidend ist das Jetzt, ist der Augenblick. Der Augenblick Jetzt ist es, der wichtig ist.
Leben und Zukunft, wächst und gestaltet sich aus dem Augenblick heraus.
Darum wohl meint Jesus, Maria habe das Bessere gewählt.
Sie lässt sich ganz auf ihn ein. Sie nutzt die Chance des Zusammenseins mit Ihm.
Und was Martha tut, ist gut, kein Einspruch. Sie kümmert sich und sorgt sich und arbeitet wie so viele.

Aber Maria hat das Bessere gewählt.
Sie genießt den Augenblick, so, wie ein Säugling auch ganz den Augenblick an Mamas Brust oder auf Papas Arm genießt und erlebt, ohne sich groß Gedanken machen zu können, was sein wird.
Denn was kommen wird,

  • liegt ja am Ende nicht in unsern Händen,
  • was war, ist unveränderbar und liegt nicht mehr in unsern Händen.

Uns ist nichts anderes gegeben als der Augenblick.
Und was wir aus dem Augenblick machen, das liegt in unsern Händen.
Amen.

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