Die toten Augen von Lampedusa

Die toten Augen von Lampedusa

Vieltausend Augen starren blind vom Meeresgrund,
kein Abschiedswort spricht mehr der stumme Mund,
ein Arm umkrampft das jung gebliebene Kind,
und niemand weiß, wo sie verschwunden sind.

Der Wunsch zu leben war der Menschen Ziel,
Hunger, Terror, Angst – von allem gab es viel,
die Trommel pries in Ferne das gelobte Land,
sie zogen los, viel tausend Hand in Hand.

Der Glaube trug sie, lange durch den Wüstensand,
dann kam das Meer – sie gaben sich in fremde Hand.
Die Hand half nicht, weil sie die Dollars hielt,
kein Leben zählt, wenn Streben nur auf Reichtum zielt.

Die erste Welle bringt schon bald die Not,
der Sturm, der reißt an Menschen und am Boot,
der Schrei nach Gott übertönt laut alles Toben,
das Gummiboot schwimmt mit dem Kiel nach oben.

Vieltausend Augen starren blind vom Meeresgrund,
bei Kindern, Müttern, Vätern ist der Hals vom Schreien wund,
sind einfach weg, verschwunden von der Welt,
kein Leben zählt, verflucht ist das verdammte Geld.

Warum hört Gott, das Schreien seiner Kinder nicht,
wer bringt die Menschen ohne Herz dann vor Gericht,
wer sagt den Eltern wo nun ihre Kinder sind,
wieviel es sind – weiß nur der Wind.

Gott liegt ertrunken auf dem Grund bei seinen Lieben,
er ist bei Menschen, die ihn suchen, stets geblieben,
er ist bei denen, die verzweifelt schrein, wo Eltern weinen.
Er fragt auch Dich, wann halfst DU denn den Seinen?

Gott wird das Wort der Liebe sagen, denen die verschwunden,
er ist mit denen, die da weinen bis in Ewigkeit verbunden,
Er baut auf unsere Hilfe, will die Not der Menschen wenden,
ob es gelingt, liegt auch in unseren Händen.

AS 6.16


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